Der erste Abend

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Zur Jugenddisco, voller Saal,
die Cola warm, das Bier sehr schal.
Unter Kumpels viel gebrüstet,
nach den Mädels doch gelüstet.
Alte Tische, neue Damen,
die zum ersten Male kamen.

Plötzlich, ohne dass eine Wahl,
traf mich ein Blick quer durch den Saal.
Braune Augen mich entdeckten,
und auch meine Neugier weckten.
Mit Sommersprossen, Strubbelhaar,
Mund und Näschen ganz wunderbar.

Der Rest machte keine Sorgen,
alles war geschickt verborgen.
Ab und zu den Kopf mal neigen,
nur kein Interesse zeigen,
Zufällig den Blick neu finden
und dabei ein Lächeln schinden.

Aber nicht zu lange warten,
weil auch die andern starten.
Zeigte ich Hals oder Genick
spürte ich ständig ihren Blick.
Sie hat meine Absicht entdeckt
und selber dabei Blut geleckt.

Einer tanzt mit ihr soeben,
Mann, das kann es doch nicht geben.
Ich ging vorbei, streifte den Arm,
sie lächelte, mir wurde warm.
Die nächste Runde war dann mein,
ich bat sie leis, sie hakte ein.

Drei Schritte nur bis zum Parkett,
doch sie drückte sich schon ganz nett.
Der Tanz währt keine Ewigkeit,
doch führte er zur Seligkeit.
Keine Silbe ward gesprochen,
nur geschaut, gefühlt, gerochen.

Irgendwo war eine Schranke,
am Tisch zurück, sag ich: „Danke!“
Das Loslassen fiel mir sehr schwer,
ich merkte, auch sie wollte mehr.
Deshalb nutzte ich die Pause,
suchte sie samt ihrer Brause.

Ich dachte, ich wär gut versteckt,
doch sie hatte mich längst entdeckt.
Ich musste sie nicht mal bitten,
zufällig kam sie geschritten.
Ich sagte einfach: „Kleine Maus!“
und zog sie auf den Hof hinaus.

Angelehnt an das Gartentor
stellte ich meinen Namen vor.
Gerne wollte ich sie küssen,
doch sie mochte noch mehr wissen.
Schule, Arbeit und Elternhaus,
so fragt man doch die Leute aus.

Drum flüsterte ich ihr ins Ohr,
sie käme wie ein Engel vor,
weil sie so schön ist und gut riecht
und mir die Gänsehaut hoch kriecht.
Dabei besah ich ihren Stolz,
vor der Hütte das stramme Holz.

Nur nicht mit dem Alter schummeln
oder an der Kleidung fummeln.
Ich hab sie nach Hause gebracht,
sagte ihr brav noch „Gute Nacht!“
Und bekam als des Tages Schluss
ganz schnell von ihr den ersten Kuss.

Der erste Abend war nicht schlecht
und sein Ende war mir auch recht.
Doch heute kommt der nächste dran,
ich schaue schon mein Sparschwein an.
Eine Rose will ich schenken,
sie soll Herz und Lippen lenken.

16.03.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Der erste Abend

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16.03.2014
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