Das Wasserherz- eine Ballade
Ein Gedicht von
Sonja Dworzak
Durch dunklen Forst bei dämmrigem Licht
zieht ein Jüngling allein, mit Sehnsucht im Blick.
Er folgt einem Ruf, von dem keiner mehr spricht,
der tief aus dem Grund alter Zeiten aufbricht.
„Mein Vater erzählte vom See, der nicht schweigt,
wo Nebel sich ringelt, wo Schatten gereiht,
ein Wesen, das flüstert aus spiegelndem Grund –
ich finde die Wahrheit, und sei sie mein Schlund.“
Still wird der Wald, der Wind legt sich schief,
kein Laut, der noch lebt, kein Laub, das mehr rief.
Der Jüngling tritt näher – das Wasser wie Glas,
darunter ein Flimmern, durchscheinend und blass.
„Oh Jüngling“, so säuselt es sacht,
„was suchst du im Reich aus Wasser und Nacht?
Vergiss deine Sehnsucht, dein pochendes Herz –
verlier dich in mir, und ich bleibe bei dir.“
„Wer spricht da im Spiegel? Wer lockt meine Hand?
Ist’s Wahn oder Wahrheit, ein Zauber, ein Brand?“
Doch tiefer er starrt, je mehr er erkennt:
Ein Antlitz aus Licht, das im Wasser brennt.
„Du kamst wie die anderen, hungrig nach mehr.
Doch ich bin der Spiegel – und nie wieder leer.
Ein Schritt nur, mein Lieber, ein Tritt in das Licht –
und das, was du warst, kehrt niemals zurück.“
Er zögert, er atmet, sein Herz wird zu Stein,
ein Tropfen, ein Flüstern – er sinkt lautlos hinein.
Der See schließt sich still, kein Wispern, kein Klang.
Der Wald atmet weiter als wäre ihm bang.
Seitdem meidet jeder den grünlichen Grund,
aus Furcht vor dem Flüstern in nächtlicher Stund..
Denn flüstert es leise und spricht deinen Namen –
dann stirbt deine Seele im smaragdgrünen Rahmen.
SDR
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