Zigeuner

Ein Gedicht von Klaus Lutz
Meine Eltern waren deutsche aus
Rumänien. Die ersten vier Jahre,
mit mir, haben sie mit Zigeunern
gelebt. Und das ohne jeden Cent.
Was heisst: "Mein Vater hat nichts
auf die Reihe gekriegt!" Nichts
was Arbeit betrifft. Nichts was
Kunst betrifft. Nichts was
Erkenntnisse angeht. Über den
Himmel. Das Paradies. Und Gott.
Die Engel, die Wahrheit und Liebe.
Und das Leben so überhaupt. Nur
meine Mutter hatte die Klasse.
Und den Blick. Und den Willen.
Und die Kraft. Und die Stärke.
Und hatte das Leben: "Im Kopf!
Im Herz! Und in der Seele!" Und
war die Meisterin der Klarheit.
Und der Vernunft. Und hatte auch
dieses Wissen. Und dieses Talent,
dass über einfache Begabungen
hinaus ging. Sie konnte Blumen
hören. Mit Vögeln reden. Und
Engel sehen. Und hat auch die
Sprache von Glaskugeln
verstanden. Und so die
Familie ernährt.

Mutter konnte also die Glaskugel
hören. Und wurde damit in unserer
Provinz berühmt. Keine der
Aussagen oder Prophetien von ihr
traf ein. Aber die Stimme von ihr.
Dieser ruhige überirdische Ton.
Und dieser Himmel in Ihrem
Gesicht. Das war die Welt der
Leute. Da hätten sie gerne gelebt.
In diesen Augen. In diesem Mund.
Mit jedem Blick. Mit jedem Wort.
Mit jedem Tag. Das Leuchten der
Sterne dieser Welt. Auf diesem
Gesicht!

Während Vater da ganz anders war.
Er wahr der Träumer. Der sich
von Tag zu Tag gestohlen hat.
Und so durch das ganze Leben.
Ohne einen Eindruck zu
hinterlassen. Durch einen Satz,
von Ihm. Oder ein Kunststück. Er
war wie der Baum in der
Landschaft. Man hat sich über
die Blätter gefreut. Aber keine
Früchte erwartet. Er hat dann
Messer verkauft. Mit der
Unterschrift von "Merlin dem
Zauberer" Und mit dem Zauber
von Merlin. Wobei der Zauber
das Messer war. Alles was unter
das Messer kam hat sich
verdoppelt. Brot, Wurst was da
gerade war. Was aber nur bei
Vollmond funktioniert hat.

So betrachtet war er der Künstler.
Er konnte den Menschen alles
andrehen. Jeden Tag etwas
anderes. Aber nichts was eine
Familie ernährt hätte. Das Leben
als die Therapie. Für die Tage und
die Zeit ohne Bedeutung. Und das
ganze als Spiel zu sehen. Und mit
der Phantasie zu spielen. Dem
Zauber, der über leere Hände
lächelt. Und auf das Glück vertraut.
Und auf den Tag hofft wo alles
gelingt. Und der Himmel die
Taschen füllt. Mit etwas das
Wert hat. Und wichtig war für die
Tage wie: "Träume! Illusionen!
Hoffnungen!" Etwas das wieder an
das Leben glauben lässt. Auch mit
leeren Taschen. Ein Glaube, mit
dem die leeren Taschen die Freude
waren. Und der Stolz der Familie.
Und da war der Vater spitze. Der
pure Schein, der am Ende das Gold
war. Das war Er. Und das Ergebnis
seines Lebens!

Jeden Monat gab es einmal das
Fest. Das Zigeunerfest. Ein Fest mit
allem drum und dran. Joints und
Alkohol ohne Ende. Und Sex, Sex,
Sex. Überall! Auf jedem Platz. In
jedem Bett. Auf jeder Matratze. In
den Büschen. Und auf den
Bäumen. Ohne Grenzen. Die
Zigeuner. Und die Liebe für alles!
Die Welt. Den Mond. Die Sterne.
Die Sonne. Den Wald. Die Wiese.
Das Leben als Reinform. Und
echte Natur. Der Traum vom
wahren Glück. Und wenn dieser
Traum wahr wird. Ist er der
Himmel auf Erden. Die Zigeuner
und Ihre Feste.

Spitze war bei jedem Fest der Tee.
Das Rezept war ungefähr so. Zehn
Hände mit Kamillentee. Drei Hände
voll mit Rosmarin. Dann zwölf
Hände voll mit Pfefferminze. Dann
Löwenzahnwurzeln. Drei Hände
voll von den Wurzeln. Dann zwanzig
Löffel Zucker. Und zehn Liter Milch.
Zu den zwölf Litern Wasser. Eine Prise Salz. Und dann den Topf kochen
lassen. Und am Ende noch drei
Tassen Kirschwasser dazu. Und
dann eine Hand voll Orangeat. Und
das dann vier Stunden köcheln. Und
am Ende noch eine Flasche Prosecco
dazu kippen. Und der Zigeunertee ist
fertig. Der Zaubertee, der alles heilt
und verjüngt, kann dann in die Tasse.
Und zwar pro Zigeuner eine Tasse.
Und jetzt kommt Mutter ins Spiel.
High von den Joints. Und von allem Anderem erschöpft, trinkt drei
Tassen. Und gibt mir vier Tassen.
Jeden Monat. Vier Jahre lang. Und
der Tee wirkte. Mutter starb mit
128 Jahren. Sah aber aus wie
achtzehn!

Jetzt die Wirkung des Tees auf
Männer. Ich bin jetzt 118 Jahre alt.
Sehe aber aus wie vierzig. Und das
ist der wahre Zauber des Tees. Bei
Männern die 120 Jahre alt werden,
kehrt sich die Wirkung um. Und sie
sehen aus wie 20. Und sind
unsterblich. Und das ist bei mir
der Fall. In zwei Jahren bin ich
unsterblich. Und die Ewigkeit wartet
auf mich. Und ich gebe ihr goldene Zeitalter. Denn das ist meine
Aufgabe auf dieser Welt. Es ist die Ewigkeit auf goldene Zeitalter vorzubereiten. Und das fängt in
zwei Jahren an.

Zuerst werde ich den BH neu
erfinden. Und dann den Tanga. Und
dann die Kleider. So kurz wie
möglich. Hüte gibt es dann keine
mehr. Aber Stiefel bis an die Knie.
Und enge Pullover. Und Miniröcke,
die wirklich Mini sind. Und dann
zeige ich die Frau neu. Mit Charme.
Und Schwingungen. Und Esprit.
Und dem Körper der den Gast
liebt: "Als Sonne! Als König! Als
Traum!" Der das Leben weckt.
Die Leere küsst. Und der Zeit das
Lächeln zeigt. Mit den Lippen. Wie
dem Kompass zum Herz. Und der
Kunst, die nur Liebe sagt. Und
weiss, Sie hat eine Welt erobert!

Und das ist dann mein erstes
goldenes Zeitalter. Das zweite
goldene Zeitalter kommt in
wenigen Tagen!

(C)Klaus Lutz

Informationen zum Gedicht: Zigeuner

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27.06.2025
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