Was dürfen wir denn noch?

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Was dürfen wir denn noch?

Wir saßen in der Bahn nach Norden,
Im Nebenabteil die vier Personen,
Die lautstark und mit fremden Worten
Redeten, ohne uns zu schonen.

Wir sahen zu ihnen hinüber,
Wo ein Mann und drei Frauen saßen,
Die sich lauthals und immer wieder
Mit ihren Stimmen dort vergaßen.

Eine Frau hatte Fingernägel,
Fest aufgeklebt, in Rosatönung.
Auch sie schimpfte auf hohem Pegel –
Scheinbar ging's nicht mehr um Versöhnung.

“Warum schauen sie Mutter an,
Sie will das nicht, schauen sie weg!“
So keift' die Jüngste uns nun an,
Ohne Grund, ohne Beleg!

„Wir können schau'n, wohin wir wollen,
Denn wir sind hier in freiem Land.
Wenn ihnen das wird viel zu viel:
Wechseln sie das Abteil charmant!“

Die Wortestreiter blieben sitzen,
Wir ließen uns nicht irritieren.
Sie mussten sich weiter erhitzen,
Setzten auf ihre Streitallüren.

Was dürfen wir noch hier im Land?
Sind Blicke uns denn schon verwehrt?
Gibt es nicht mehr jenen Verstand,
Der Duldung noch global verehrt?

Wir sind doch keine Fußabstreifer
Für Leute, die laut streiten wollen,
Sind mündig, offenbar schon reifer,
Werden uns auch deshalb nicht trollen.

Wir brauchen keine Gängelung,
Wenn wir Menschen einfach anblicken!
Die Freiheit hält politisch jung,
Ein Traum, ein Ziel, unser Entzücken!


©Hans Hartmut Karg
2019

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Informationen zum Gedicht: Was dürfen wir denn noch?

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01.09.2019
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Hans Hartmut Dr. Karg) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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