Von dem Fischer un syner Fru

Ein Gedicht von Heinz Säring
nach dem Märchen der Brüder Grimm


Ein sehr armer Fischer, der lebt grau in grau
in ärmlichem Pißputt*) zusammen mit Frau.
Das Märchen, das spielt schon in älterer Zeit,
er angelte täglich, die See war nicht weit.

Das Leben , das war schon betrüblich und schwer,
sein Würmchen am Haken, sonst blieb er meist leer.
Doch heute, er freut sich, da geht es ihm gut,
er zog sich an Land einen prächtigen Butt.

Doch der konnte sprechen: "Ach bitt', lass mich los,
ich bin ein verzauberter Königssohn, bloß
ich sag' dir das hier nicht, um dich zu erschrecken,
ein Prinz aus der Pfanne, das wird dir nicht schmecken.

"Ein Fisch, der mich anredet, wär's auch ein Hai,
versteht sich von selber, den gebe ich frei."
Kommt abends mit nichts in die ärmliche Bleibe,
und weil's int'ressant ist, erzählt er's dem Weibe.

Die meckert ihn an, klar, das ist er gewohnt,
"Du hättest dir doch etwas wünschen gekonnt!
Geh gleich wieder raus zu dem komischen Butt,
und wünsch dir 'ne Hütte, geräumig und gut!"

Dem Mann blieb nichts übrig, - das Frauenwort gilt!
Der Butt hat auch wirklich die Ford'rung erfüllt.
Und als er zurückkommt empfängt ihn die Süße
vorm Häuschen mit Garten voll Obst und Gemüse

und Hühnern und Enten und was man begehrt,
zwei Betten im Schlafgemach, wie sich's gehört.
Der Mann sehr zufrieden: "Jetzt haben wir's schön!"
Die Frau: Gehn wir schlafen, - wir werden schon sehn!"

Nach ein bis zwei Wochen da nörgelt sie los:
"Das ist viel zu eng hier, wir brauchen ein Schloss!"
Der Mann findet's protzig und unfair dazu,
doch was soll er machen, sie gibt keine Ruh.

Er geht an die See raus und fühlt sich verderbt,
das Wasser, das hat sich abscheulich verfärbt.
Der Butt, der gewährt es in sehr ernstem Ton,
"Geh hin, Frau Baronin erwartet dich schon!"

Da gab es nun das, was ihr Herze begehrte,
vergoldete Kutschen und Diener und Pferde,
im Schlosse Tapeten und Leuchter und Vasen,
im Walde viel Hirsche und Rehe und Hasen.

Auf Tafeln Kristall mit dem köstlichsten Wein,
und Speisen, um richtig in Stimmung zu sein.
Der Mann sprach: "Genießen wir recht diesen Segen!"
Die Frau: "Geh zu Bette, ich muss überlegen!"

So geht die Geschichte weiter,
denn die Frau wird nicht gescheiter,
und sie wollte hier auf Erden
immer mehr und größer werden.

Wenn ich recht im Bilde bin,
war das Nächste Königin,
Kaiser dann und Papst von allen -
ist ihr noch was eingefallen?

Dann - vollkommen aus dem Lot -
wünscht sie sich, sie wäre Gott!
Und sie hat dem Mann befohlen,
auch noch dieses rauszuholen,

und dem Zauber-Butt im See,
stehn die Schuppen in die Höh.
Donnertosen, Blitze, schnelle,
fahren auf wie aus der Hölle,

Berge stürzen ringsumher
und es tobt das wilde Meer!
Und der Butt der sagte dann
zu dem armen Fischersmann:

"Geh ruhig nach Hause, du wirst mit den Sünden
dein Weib voller Reue im Pißputt*) vorfinden."

Dort leben sie weiter als ganz arme Leute,
und, wenn sie nicht tot sind, vielleicht auch noch heute.

Bedenket: Man sollte es nie übertreiben,
und mit seinen Wünschen am Erdboden bleiben!


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*) Pißputt = Baufällige Hütte

Informationen zum Gedicht: Von dem Fischer un syner Fru

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17.09.2011
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