unsere Schuld

Ein Gedicht von Marie Mehrfeld
ihr summenden Seelenwände, die ihr mein
ängstliches Ich vor Wasser, Sturm und Feuer
schützen und die Liebe zu mir, uns und euch
bewahren wolltet, mir den aufrechten Gang

verlieht, auf den ich so stolz war - zerschellt
an Klippen nicht eingehaltener Versprechen
von Fortschritt und Zukunft; ohne Schutz vor
dem Licht des Tages bin ich und dem Dunkel

alter Ängste in mir, vor dem undurchschauba-
ren tonlosen Draußen, das man Leben nennt,
wo Menschen maskiert und grußlos mit Furcht
in den Augen aneinander vorbei huschen; und

es werden keine Hände mehr gehalten; nackt
und ungeschützt weht mir jeder Wind die übel
riechenden todbringenden Splitter aller Kriege
in mein verwundetes Herz; wir haben Hoffnung

geweckt auf ein besseres Leben, ihnen gezeigt,
dass Frauen und Männer gleiche Rechte haben
und Mädchen studieren dürfen; dann sind wir
der Gewalt gewichen, haben uns feige auf die

Flucht begeben, die uns Anvertrauten, deren
Zuversicht wir geweckt hatten, schutzlos den
gnadenlosen Steinzeitregeln unmenschlichen
Zusammenlebens überlassen; unsere Scham

hilft den Ausgelieferten nichts; wo bist du nur,
der du auf den Wassern gingst und den Sturm
stilltest, der du Tote erwecktest und Frieden
auf Erden versprachst, zeig dich uns in deiner

Verzweiflung um den Zustand der Menschheit,
deiner Schöpfung; kniend bitte ich dich, zeige
dich der strauchelnden Menschheit, damit wir
hoffen dürfen, dass die Schuld vergeben wird



© M.M.

Informationen zum Gedicht: unsere Schuld

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20.08.2021
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Marie Mehrfeld) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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