Mein Kopf sagt: es ist vorbei. Mein Körper sagt: es passiert noch.
Ein Gedicht von
Stay Strong
Es ist still.
Die Nacht ist längst hereingebrochen,
und alles um mich wirkt friedlich.
Aber in mir da ist Krieg.
Ich liege im Bett.
Die Tür ist abgeschlossen, die Fenster zu.
Ich bin allein.
Und trotzdem spüre ich ihn.
Nicht ihn als Mensch.
Sondern das, was er hinterlassen hat.
Das, was sich in meinen Körper eingebrannt hat,
wie Rauch in Kleidung, der nie ganz verschwindet.
Mein Herz schlägt zu laut.
Meine Muskeln sind angespannt,
mein Atem flach,
mein ganzer Körper bereit zur Flucht
obwohl niemand da ist.
Ich weiß, dass ich heute sicher bin.
Aber mein Körper glaubt das nicht.
Weil es damals auch leise war.
Weil er auch kam, als alles ruhig schien.
Weil ich damals auch dachte: Es passiert doch nichts.
Bis es passierte.
Seitdem trägt mein Körper Erinnerungen,
die mein Kopf längst zu vergessen versucht hat.
Aber mein Körper hat nicht vergessen.
Manchmal fühlt es sich an,
als wäre ich innerlich immer noch dort:
gefroren,
ohnmächtig,
abgeschnitten von mir selbst.
Als hätte ich mich nie ganz zurückgeholt.
Als wäre ein Teil von mir dort geblieben
wo mein Nein übergangen wurde,
wo mein Körper mir genommen wurde.
Und seitdem ist nichts mehr wie vorher.
Berührungen können plötzlich zu viel werden.
Ein bestimmter Tonfall, ein Geruch, ein Blick
und alles in mir springt an.
Ich ziehe mich zurück,
bin wieder dort,
auch wenn mein Kopf sagt: Es ist vorbei.
Am Tag sieht man mir das nicht an.
Ich lache.
Ich rede.
Ich funktioniere.
Aber manchmal sitze ich ganz still,
und spüre, wie mein Inneres zittert,
ganz ohne Grund
nur weil mein Körper sich erinnert.
Es ist nicht vorbei.
Nicht für mein Nervensystem.
Nicht für mein Inneres Kind,
das damals nichts tun konnte
und bis heute nicht weiß, wie es sich retten soll.
Ich bin nicht schwach.
Ich bin nicht überempfindlich.
Ich bin nicht dramatisch.
Ich bin eine Frau,
die Gewalt erlebt hat
und deren Körper bis heute versucht, das zu überleben.
Ich wünsche mir mehr als das.
Ich wünsche mir,
dass mein Körper wieder glauben darf:
Ich bin jetzt sicher.
Ich darf Nein sagen.
Ich darf weich sein.
Ich darf mich spüren,
ohne Angst vor dem, was kommt.
Ich überlebe jede Nacht.
Und jeden Tag.
Aber ich will mehr als überleben.
Ich will leben.
Ganz.
Und heil.
Das könnte Sie auch interessieren