Frühlingsbrausen

Ein Gedicht von Emanuel Geibel
Nun knospt in Sonnenschein
Das erste Grün der Halde;
Nun lasset ganz allein
Dahin mich gehn im Walde!

Ich will am frühen Duft
Der Veilchen mich berauschen,
Dem Brausen in der Luft,
Dem heil'gen, will ich lauschen.

O Laut, in welchem sich
Zuerst der Lenz enthüllet,
Und der wie keiner mich
Mit süßen Schauern füllet!

Mir ist's, als schlief' in dir
Der Einklang aller Stimmen,
Die später durchs Revier
Des Mais gesondert schwimmen;

Als sprächst du aus gesamt
Die tausend Schöpfungstriebe,
Damit die Welt durchflammt
Der Ratschluß ew'ger Liebe.

Du mahnest wundersam
Mich an das Sausen wieder,
Drin einst zu Pfingsten kam
Der Geist des Herrn hernieder.

Verstummend muß ich dir
Mein Haupt in Andacht beugen:
O komm, zu ruhn in mir
Und heil'ge Kraft zu zeugen!

Informationen zum Gedicht: Frühlingsbrausen

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20.03.2008
Da der Autor bereits seit über 70 Jahren verstorben ist, darf das Gedicht unter Angabe des Autoren frei verwendet werden.
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