Die Flaschensammlerin

Ein Gedicht von Belix Bahei
Sie trinkt mit Genuss ihren süßen Morgenkaffee,
ehe sie aufbricht, sich frohen Mutes aufmacht.
Sie ist zuverlässig, auch bei wild tanzendem Schnee.
Für die anderen ist es noch tiefdunkle Nacht.
In der Ferne fährt ein Bus in die schlafende Stadt,
so viele Leben sind unendlich freudlos und matt.

Das Fahrrad großzügig mit Packtaschen bestückt.
Sie strebt doch nur nach ein klein bisschen Lebensglück.
Am Ende dieser Nacht, noch zur dunklen Stunde
beginnt sie mit ihrer Suche, ihrer Runde.
Die Regenjacke, die Warnweste darüber, so schlicht,
die Lampe defekt, ab und zu flackert ihr Fahrradlicht.

Lustvoll die Reifen auf dem Pflaster sirren,
vereinzeln helle Fenster vorbeischwirren.
An der Ampel ein Stopp, ein kurzer Halt,
und weiter dann, jetzt ist ihr nicht mehr kalt.
Den Weg hinunter, rasant, sie hat Schwung drauf,
gleich kommt die Kurve, dann geht´s wieder bergauf.

Doch plötzlich, auf dem schmalen Weg, dort steht ein Mann.
Warum der nicht ein Stück zur Seite gehen kann?
Er stur nach unten schaut, er sieht sie einfach nicht,
vielleicht liegt es auch am defekten Fahrradlicht.
Der verträumte Mann sie wohl nun zum Bremsen zwingt,
oder sollt sie klingeln, dass er zur Seite springt?

Er, der Mann, so von des Morgens Kräften gelenkt,
bergan schreitend, den Blick schräg zu Boden gesenkt.
Der frühe Bus, der hat ihn in die Stadt gebracht.
Für die anderen ist es noch tiefdunkle Nacht.
Von vorn sich nun etwas Helles in sein Sichtfeld schiebt,
ungewöhnlich, dass jemand den frühen Morgen liebt.

Hinunter rollt das Rad, geschwind und wohl geführt,
an dem Mann vorbei, hat knapp den Luftzug gespürt.
Liebsüßlich eine Stimme „Guten Morgen“ spricht,
auf dem Pflaster flackert nervös ihr Fahrradlicht.
Irritiert ruft er „Guten Morgen“ hinterher,
doch sie ist bereits fort, er sieht sie längst nicht mehr.


Belix Bahei
belixbahei@hotmail.com

Informationen zum Gedicht: Die Flaschensammlerin

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21.09.2019
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