Die Einsamkeit Teil 2

Ein Gedicht von Christian Penz
(Gesungen)
Ich schaue und ich warte
Der Ober bringt mir schon die Getränkekarte
Die Zeiger wandern auf der Uhr
Doch von ihr fehlt noch jede Spur
Mein Blick hängt an der Türe fest
Die Daumen sind schon blaugepresst
Ich fühle mich schon total gestresst
Während ich hier schaue und warte

Falten bilden sich auf der Stirn
Sorgen erobern mein Gehirn
Fiel auf ihr gar ein Gestirn
Während ich hier schaue und warte

Hatten wir denn keine Eintracht
Es ist doch schon weit nach acht
Hat sie sich aus dem Staub gemacht
Während ich hier schaue und warte
Ja, ich schaue und ich warte

Wie? Ich tu es schon wieder?
Ich singe erneut zu laute Lieder
Es tut mir wirklich wieder Leid
Doch diese schreckliche Wartezeit
Vergeht einfach viel zu langsam
Deshalb fand ich es doch ratsam
Um die Zeit zu überbrücken
Mit ein paar Gesangsstücken
Die Zeit mir zu vertreiben
Und zu überschreiben
Es ist schon dreißig nach acht
Und sie hat sich noch nicht hergebracht
Dürfte ich erneut euch die Zeit rauben?
Denn es wachsen schon dunkle Trauben
In meinen Gedankengängen
Die gleich Sirenengesängen
Mich warnen, dass sie nicht kommen wird
Ich hoffe wirklich, dass jede sich irrt
Darf ich mich mit euch Ablenken
Von diesem düsteren Denken?
Indem ich euch berichte werde
Wie ich auf dieser wunderschönen Erde
Katharina getroffen habe?
Es ist mehr Bitte als Frage
War das ein Ja?
Ich nehm’s mal war

Wie gesagt, war ich mein Leben lang allein
Ich versuchte deshalb mein Glück online
Zuerst verführte mich mein Bruder zu `nem Onlinespiel
Es beim Namen zu nennen, wäre hier doch zu viel
Denn es ist nicht wirklich von Belang
Egal auf welches Onlinespiel man auch aufsprang
Das, was ich erlebte, erlebt man wohl in jedem Onlinespiel
Denn die Klischees sind so veraltet wie ein Dinofossil
Mit der Hilfe meines Bruders fand ich schnell Bekannte
Weil er ein paar Leute von anderen Spielen her kannte
Ich möchte mich nicht zu sehr im Detail verlieren
Sondern möchte die Jahre nur zusammen fassend kommentieren
Ich half einer Frau durch die Ehekrise
Denn so lautet einfach meine Devise
Wenn einer Person jedes Glück nur noch davon rennt
Auch wenn man eine Person nur einen Monat kennt
Sollte man der Person steht`s zur Seite stehen
Wird man sie im realen Leben auch nie sehen
Sie lebt hunderte von Kilometern von mir entfernt
Deshalb haben wir uns nie persönlich kennengelernt
Sie hatte sowieso von der Männerwelt die Schnauze voll
So sehr tobte in ihr der böse Scheidungsgroll
Nicht das wir uns hier missverstehen
Ich wollte ihr nicht deshalb beistehen
Weil ich mit ihr eine feste Bindung haben wollte
Ich wollte, dass sie einfach nur glücklich sein sollte
Was sie übrigens wieder ist
Nach all dem ertragenen Mist
Sie nannte mich ihren Fels in der Brandung
Doch nach ihrer rettenden Uferlandung
Frage ich mich in der Brandung stehend
Und der Rettenden Frau hinterher sehend
Was wird aus dem Felsen, wenn die Person das rettende Ufer erreicht
Wird der Fels im Laufe der Zeit von den Wellen erweicht
Sodass er Stück für Stück ertrinkt
Und in die Tiefe hinab sinkt?

Oh, verdammt jetzt schweife ich vom Thema ab
Aber die tickende Zeit hält mich einfach so auf Trapp
Ich hoffe, dass sie bald erscheint
Vielleicht hat sie ja neun Uhr gemeint
Statt morgen um acht
Neun Uhr in der Nacht
Dann hätte ich ja noch Zeit
Und es tut mir aufrichtig Leid
Dass ich euch erneut die Zeit raube
Und ich an euren Nerven schraube
Aber es tut mir einfach mal gut
Und kostet mir wirklich sehr viel Mut
Von meinem Leben irgendjemanden zu berichten
Ich hoffe, ihr wollt mich deshalb nicht hinrichten
Wo war ich also nochmals stehengeblieben
Ach, ich wollte meine Onlineerfahrung durchsieben

Ich traf später noch eine weitere junge Frau
Ihre Augen waren in einem Graublau
Bei ihr durfte ich ein Bild von ihrem Körper sehen
Sie wollte nicht nackt vor der Kamera stehen
Verglichen zu einer anderen jungen Frau
Mit hoch erotischem Körperbau
Der ich nur als Scherz zurückschrieb
Nackt fände ich ihr Bild noch mehr lieb
Seitdem schreibe ich den Satz nichtmehr
Es fällt mir auch nicht wirklich schwer
Aber kommen wir zurück zur angezogenen Dame
Anika war ihr wohlklingender Name
Auch hier kam nichts dabei heraus
Trotz eines freundschaftlichen Aufbaus
Sie fand mich einfach zu nett und lieb
Dass waren die Worte, die sie an mich schrieb
Dürfte ich es für mich einmal schätzen
Ich glaube, sie wollte mich nicht verletzen
Sie bezeichnete sich als zu verkorkst und misstrauisch
Oder legen wir die Karten offen auf den Tisch
Sie meinte, dass es an ihr läge
Und ich wäre nicht der Schräge
Dann wollte sie mich auch als Freund nicht verlieren
Mir scheint, sie wollte jede Ablehnungs-ausrede zitieren
Wir sind dann seitdem Freunde geblieben
und haben uns nichts mehr geschrieben
Was Freunde ja tun
Also kommen wir nun
Zu meiner weiteren Internetreise
Bevor ich noch weiter entgleise

Ich besuchte ein Onlinedatingportal
Auch hier fände ich ungerecht und brutal
Würde ich den Namen der Datingseite nennen
Denn die Erfahrungen würde man von anderen auch herkennen
Ich sage es ausnahmsweise direkt
Nachdem ich mich dort eingecheckt
Und angemeldet habe
Ging meine Trauer zu Grabe
Denn gleich die erste Frau, die ich anschrieb
Wobei ich als monatliches Premiumsmitglied
Zwanzig Euro zahlen muss, für diesen Hilfsstück
Schrieb mir nach einer Woche zurück
Wir verstanden uns wundervoll
Aber es wäre einfach zu toll
Und gar nicht mein unheilvolles Leben
Würde es auch hier keinen Hacken geben
Die Chats waren bald verwaist
Denn sie war wie ein Geist
Einfach ohne ein Wort zu schreiben verschwunden
Der Mond zog weiter seine konstanten Runden
Doch von ihr fehlte weiter jede Spur
Das ist halt die geisterhafte Natur
In der Onlinedatingwelt ist dieses Phänomen bekannt
Und solche Menschen werden passenterweise Ghosts genannt
Ich will euch hier mal etwas Zeit ersparen
In den kommenden Monaten und Jahren
Schrieb ich viele, sehr viele Frauen an
Doch ich zog keine in meinen Bann
Wenn sie mir überhaupt mal zurückschrieben
Dann ist es bei einem Es tut mir Leid geblieben
Ich wäre nett und lieb und Blablabla
Wünschen mir Glück und naja
Die meisten schrieben mir gar nicht zurück
Ich dachte schon ich hätte kein Glück
Und wäre einfach nicht liebenswert
Das hat mein Gemütszustand sehr beschwert
Ich versuchte steht‘s individuell und wortgewandt
Und dementsprechenden Aufwand
Meine Briefe zu verfassen
Doch stand ich immer im Nassen
Als würde eine Wolke auf mich regnen
Und mich mit Pech und Unglück segnen

Wenn man von den Geschichten hört
Wo ein jeder Beteiligte darauf schwört
Wie viele Dates sie durchstehen mussten
Bis sie endgültig und glücklich wussten
Dass vor ihnen nun der Richtige steht
Ich war schon froh um ein falsches Date
Ich dachte dann so in mich hinein
Was könnte falsch bei meinem Profil sein
Liegt es etwa am Profilbild
Das wie ein abwehrender Schild
Frauen davon abhält mir zu antworten
Und sie ihr Glück suchen, bei anderen Männersorten
Doch wie sollte ich mein Bild ändern
Auf all meinen illustren Fotobändern
Sehe ich gleich aus
Wie eine graue Maus
Obwohl Mäuse sind doch ziemlich süß
Wäre ich doch nur einer der Parvenues
Dann könnte ich mir eine Frau kaufen
Oder mir die Einsamkeit wegsaufen
Das waren meine Gedanken zu der Zeit
Es waren keine gefüllt mit Heiterkeit

Doch dann kam Katharina
Sie fand mich Prima
Gut, sie gibt jeden Mal eine Möglichkeit
Für ein gemeinsames Treffen zu zweit
Aber wir verstehen uns wirklich toll
Es wird bestimmt wundervoll
Wenn sie bloß gleich kommen wird
Vielleicht ist ihr wirklich was passiert?
Ich schau mal auf der Datingseite nach
Von der ich vorher unter anderem sprach
Vielleicht hat sie mir ja was geschrieben
Nun, meine Zuhörer und meine Lieben
Ich mache wieder einen kleinen Satz
Und nehme auf meinem Stuhl wieder Platz
Und schaue, ob eine Nachricht auf dem Handy steht
Wo Katharina bleibt und vor allem, wie es ihr geht
Ich wünsche euch eine schöne Nacht
Und gebt auf euch und euren Liebsten acht

Informationen zum Gedicht: Die Einsamkeit Teil 2

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09.02.2019
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