Die Begegnung

Ein Gedicht von Georg Babioch
Einstmals ging ich des Nachts spazieren, in einem Walde
Ganz nah war es, neben einer Kohlenhalde.
Es kam mir eine Gestalt entgegen,
Auf diesen damals recht dunklen Wegen.
Er führte in seiner Hand ein Beil
Und hielt in seiner anderen sogar ein Seil;
Welches Beil er mir sogleich über den Kopf zu schlagen
gedachte,
So daß es umgehend seinem Gesichte überaus fratzenhaft lachte;
Doch schon dankte er mir für mein mutiges Blitzen in
meinen Augen,
Eines stolzen Blickes voll erfüllt von Lebenslaugen.

Sogleich sprang ich suchend an eine Wand,
Kein Retter weit und breit in jenem Land.
Und ich erklimmte eine Linde,
Aus der Ferne hörte ich ein Singen von einem Kinde,
Ein Summen bloß in der Luft,
Doch unter mit bereits schon wieder der Schuft.

Es waren zu mir nur noch zwei kleine Schritte,
Ängstlich leistete ich ab, kleinlaut Abbitte
Und wünschte zu ruhen auf einem Ast.
Doch zwang mich der Schuft zu neuer Hast;
Und über mir das Rauschen der Blätter
Und nach wie vor im Walde kein Retter.

Endlich sprang ich herab von dem Baume,
Verletzte mich noch am Rockzipfelsaume;
Doch er sprang mir sofort hinterher;
Schon schlug mein Herz vor Angst wieder schwer.
Doch entriß ich ihm sein Beil
Und legte ihm um seinen Hals jenes Seil.

Doch sogleich beeilte er sich, mich zu fragen
Und mir etwas von meinem Gelde zu sagen,
Welches in meiner Tasche klang
Und ihm offenbar einige Melodien sang.
Dieses Geld ihn erneut zu Schlimmeren verführte,
So daß ich wieder vor ihm Angst und Grauen verspürte,
Trotz des Stranges und dem Beil
In meiner Hand, also auch jenes Seil,
Schon so sehr geknotet und eng gewrungen,
Es hat aus seinem Körper ganz jämmerlich verwrungen
geklungen.

Er begann beileibe nicht zu fürchten und zu weinen,
Als ich ihn ansah, so dachte ich sogleich an die Seinen,
Welche er wohl oder übel zu ernähren gedachte,
So daß es nun Empathie und Zuneigung aus mir herauslachte,
Und zwei Tropfen meiner Tränen fielen hin
Hinein in eine Lache und mir das Wort Freundschaft
in meinem Sinn.

Von daher reichte ich ihm hin meine Hand,
Ich benötigte keinen Retter mehr in jenem Land.
Auch reichte ich ihm eine Zigarette,
Und wir begannen zu lachen, so um die Wette.
Alsdann sprachen wir über herrliche Zeiten,
Welche wir über unsere Wälder würden ausbreiten
Und über Städte hier und dort im Land;
Gemeinsam lauschten wir einer Brandung, wohl goldenem Sand;
Diesen meinten wir zu sehen,
Sogar seichte Winde begannen zu wehen.

So führten uns damals noch einige Wege
Durch jenen Wald, und ich dachte nach, wie sehr ich ihn
noch mehr anrege
Und zu Zuneigung und Freundschaft verleite,
So daß sich dieser Mensch zeige ganz allein von seiner besten Seite.

Informationen zum Gedicht: Die Begegnung

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20.07.2012
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