Der Tresor

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Im Internet sah ich doch neulich
einen Panzerschrank, der greulich.
Teils verrostet und verschmutzt,
weil er seit Jahren nicht geputzt.
Er stand im Freien auf einem Fleck,
er war so schwer, man bekam ihn nicht weg.

Der erste Weltkrieg war vorbei,
verloren was anfing mit Jubelgeschrei.
Arbeitslosigkeit und Inflation stiegen,
denn die Wirtschaft kam zum Erliegen.
Da gebar in Berlin ein Franz Jäger
den Tresorschlüssel als Doppelbartträger.

Panzerschränken und Tresoren
ging nun selten der Inhalt verloren.
Zum unbefugten Öffnen war keiner imstande,
auch nicht die berühmte Olsenbande.
Und so ein Gerät stand nun vor mir,
der Besitzer gab die Schlüssel mir.

Angeblich würden sie nicht passen,
sie würden sich nicht drehen lassen.
Ein Bartschlüssel mit deutlichen Spuren
und eine Art Kurbel für 180° Touren.
Erst wurde von mir alles gescannt,
wobei man schon vieles erkennt.

Die Kurbel, aus einem Bolzen gebogen,
hat auf der Tür ständig Streifen gezogen.
Sie hat sicher das Messinghandrad ersetzt,
das im nächsten Krieg Menschen zerfetzt.
Und der Schlüssel trug im Ring Codezahlen,
die ersparten Gedächtnisqualen.

Der Schlüssel Schaft, vom Rand zur Mitte,
zeigte Drehspuren gleichmäßiger Schritte.
Da kribbelte es schon in den Händen,
wer weiß was wir beim Öffnen fänden.
Jetzt seid ihr neugierig, ist doch klar,
vielleicht schreibe ich einmal, was es war.

18.07.2019 ©Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Der Tresor

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18.07.2019
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Wolf-Rüdiger Guthmann) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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