Blick aus dem Fenster

Ein Gedicht von Helga
Der Blick aus dem Fenster verspricht heute nichts Gutes. Grau in grau hängen die Wolken über der Stadt. Nur am Horizont läßt sich schon ein heller Streif sonnenähnliches erkennen.
Trotzdem regt sich das Leben zwischen den Häuserfronten. Wie an jedem Montag morgen erklingt ein bekanntes Geräusch: der Müllwagen! Klappernd biegt er um die Ecke und hält wie immer vor jedem Hauseingang. Im Laufschritt holen die Müllwerker die Tonnen aus den Boxen, stellen eine nach der anderen geräuschvoll auf die Hebevorrichtung und schwupp, kippt der Inhalt in den großen Schlund des Wagens. Danach werden sie wieder an ihren gewohnten Platz gestellt. Jetzt das nächste Haus, usw. und so fort. Manchmal nicht ganz so einfach, die Tonnen zwischen den geparkten Autos hindurch zu buchsieren! Allmählich beginnt auch der Berufsverkehr in Bewegung zu kommen. Der Nachbar fährt seinen Superwagen aus der Garage. Klangvoll rollt er aus der Einfahrt, noch ein letztes Kußhändchen an die Gattin und schon dröhnt er davon.
Auch der ältere Herr von gegenüber, bekleidet mit Hut und Mantel, den Spazierstock schwingend, verläßt das Haus. Wie jeden Tag zu so früher Stunde führt sein Weg zum Bäcker an der Ecke. In der ganzen Straße ist das der einzige Bäcker, der schon um diese Zeit seinen Laden öffnet. Steht der Wind günstig, weht einem der Duft frisch gebackener Brötchen um die Nase. Heute leider nicht!
Langsam aber stetig erwacht die gesamte Straße aus ihrem Schlaf. Schulkinder treffen sich plappernderweise an der Bushaltestelle. Kreischen -schubsen - kichern. Endlich biegt der Schulbus quietschend um die Kurve. Die ganze Meute drängelt sich hinein, denn jeder möchte den besten Fensterplatz erhaschen. Dann wird es etwas ruhiger an der Haltestelle.
Jetzt hört man nur noch das Motorengeräusch von durchfahrenden Autos, startenden Motorrädern und rangierenden Lastwagen. Auch die übrigen Geschäfte öffnen jetzt ihre Türen. Obst- und Gemüsekisten, Angebotsständer ,sowie Tische und Stühle werden herausgestellt.... Bald kann man auch hier heftiges Treiben vernehmen. Jetzt ist die Zeit der einkaufenden Hausfrauen. Sie hasten und eilen, um die besten Schnäppchen zu ergattern. Hier und da ein kleines Schwätzchen mit der Nachbarin, dann aber hurtig weiter.
Gegen Mittag legt sich der vormittägliche Trubel und die ersehnte Mittagsruhe naht. Mittagszeit - stille Zeit! Entspannung pur! Doch halt, nicht ganz. Schon bremst der Schulbus, das bedeutet, noch einmal schnatternde Schüler. Dann ist endlich Ruhe!
Allmählich nimmt die Sonne Besitz von den grauen Wolken und ich ergreife die Chance, es mir auf dem Balkon gemütlich zu machen. Wie wohltuend die ersten Sonnenstrahlen sind, die ich nun ausgiebig genieße.
Ich muß wohl etwas eingenickt sein, denn als ich meine Augen öffne, bricht schon das Abendrot herein. Auf der Straße ist es wieder lebhafter geworden, na,ja, Feierabendverkehr halt. Fiffi, Waldi & Co. sind nun auch unterwegs. Ein Blick über die Balkonbrüstung bestätigt meine Vermutung. Hundebesitzer unter sich. Während die Herrchen sich über die neuesten Fußballergebnisse austauschen, geht Hundi auf Schnüffeltour. Bald trennt man sich; spätestens dann, wenn Hundi an der Leine zerrt.
Schneller als gedacht ist das Abendrot der totalen Dämmerung gewichen. Leuchtreklamen zieren jetzt die Geschäfte. Eine eigene, farbenfrohe Welt entsteht. Ein Lichtermeer im Dunkel der Nacht.

Informationen zum Gedicht: Blick aus dem Fenster

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16.10.2020
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