Wenn zu Halloween die Wildgänse zieh' n

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Einmal im Jahr, das kann ich versprechen,
ist das große Kratzen und Stechen.
Ohne Rücksicht und ohne Bitten
wird da gesägt und geschnitten,
Es hört sich zwar sehr grausam an,
und es agieren Frau und Mann.
Doch dieser Brauch ist schon uralt,
und er bringt Licht, wenn es draußen kalt.

Ende Oktober beginnt das Messerwetzen,
und alle durch die Läden hetzen.
Jeder will den größten, Schönsten, haben,
um zu Schneiden und zu Schaben.
Sinn und Zweck dieser Aktion
ist ein dünner Gespensterballon.
Und was eignet sich bestens dafür,
ein Kürbis, der wächst auch hier.

Das Kürbisfleisch süß-sauer gegart,
im Winter anderes Obst erspart.
Halt, das war jetzt Lügendrüse,
der Kürbis gehört zu dem Gemüse.
Doch er schmeckt zu allem gut,
wenn man ihn richtig würzen tut.
Neben Essig und Zucker man nimmt
auch noch harten Stangenzimt.

Während man den Zimt zerbricht,
findet sich auch ein Kerzenlicht.
Als der Kürbis im Innern flackert,
ein Kinderchor draußen gackert:
„Gib uns Süßes, sonst sind wir sauer
und klatschen die Kerne auf die Mauer!“
Drum jede Hausfrau sich beeilt,
mit Bonbons zu den Geistern eilt.

Das Licht im Kürbis reicht dann aus,
zieht der Pulk von Haus zu Haus.
Fast jeder ein Kostüm anzieht,
bei dem man alle Knochen sieht.
Neuerdings zu Halloween
ringsum auch die Wildgänse zieh’ n.
Sie machen Krach wie Räuberbanden,
ehe sie am Waldrand landen.

Kommen die Leute aus dem Haus,
hören sie den Wildgansgraus.
Unserem Hund tropft zwar der Zahn,
doch er traut sich nicht zu nah‘ n.
Und wer das noch nie erlebt,
sicher erst vor Angst erbebt.
Aber während sie die gruseligsten wählen,
die Kinder ihre Süßigkeiten zählen.

02.11.2016 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Wenn zu Halloween die Wildgänse zieh' n

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02.11.2016
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