Weiberfastnacht

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Heute ist ein besonders schöner Tag
weil ich unsere liebe Nachbarin mag.
Schon morgens in aller Herrgottsfrühe
stand ich auf und gab mir auch Mühe.
Hose, Jacke, dazu ein helles Hemd,
und ein Schlips, der alles klemmt.

Die Krawatte war zwar teuer und fein,
aber alt wie aus der Eiszeit ein Stein.
Heute wollte ich es endlich wagen,
zwei Fliegen mit einmal erschlagen.
Ich werde es genau sagen müssen,
nicht erschlagen, sondern küssen.

Heute ist doch die Weiberfastnacht,
wo man Krawatten zu Küssen macht.
Ich stand gebügelt und geschniegelt
vor der Haustür, die noch verriegelt.
Ich hörte sie von weitem singen
und lustig auf der Treppe springen.

Heute wollte ich es nun versuchen,
die ersten Küsse bei ihr verbuchen.
Hat man damit erst einmal begonnen,
die Frauen meist Appetit bekommen.
Gerade, als sie die Tür aufgeschlossen,
kam meine Frau samt Schere geschossen.

Die Nachbarinnen durften nun sehen,
was mir durch meine Frau geschehen.
Diese schnitt mir die Krawatte ab,
direkt unterm Knoten, nicht zu knapp.
Warf das Stück mitsamt der Schere
in die kahle Hecke der Vogelbeere,

schwang meine Hände auf ihre Brust
und küsste mich dann voller Lust.
Sie küsste so wild und so intensiv,
bis alles vor lauter Neid davon lief.
„Ich kenne zwar keine Eifersucht,
aber jedes andere Weib sei verflucht.“

27.02.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Weiberfastnacht

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27.02.2014
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