Küssen, küssen, küssen

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Der Schöpfer dereinst aus dem Paradies
das erste Liebespaar verstieß.
War der große Erdenbauer
plötzlich neidisch oder sauer?
Ich rate, was passiert sein muss,
ihm fehlte sicherlich ein Kuss.

Wir küssen Partner, Kinder, Schwiegermutter,
den Hund, das Pferd, das Auto, den Kutter.
Wir küssen das Glückslos und den Amtsbruder
und in der Bar manch steiles Luder.
Wir küssen Wangen, auf den Mund sowieso,
auf Hände, Schultern und manchen Popo.

Ob nun zwei fette Schnauzen
schmatzend aufeinander plauzen,
oder schmale jungfräuliche Lippen
tastend und nur ängstlich stippen,
das macht jeder wie er kann und will,
Hauptsache, das Gegenstück hält still.

Ob sie drücken, saugen, beißen, lecken,
nach Himbeeren oder Romadur schmecken,
ob die Lippen gefettet, gespritzt oder beschmiert,
oder mit Läusebluthaltigem Stift verziert,
das bleibt jedem selbst überlassen
und richtet sich nach seinen Kassen.

Ob sich Pärchen, Männer oder Frauen
auf der Straße das getrauen,
hängt meistens nicht zu knapp
von Erziehung, Takt und Bildung ab.
Oder zu jung sind noch die Rangen,
weil sich verhaken ihre Spangen.

Man kann dem Speichelschlucken lauschen,
im Mund sogar Kaugummis tauschen.
Man kann gemeinsam dabei Lieder summen
oder bald vor Anstrengung verstummen.
Doch ohne Kuss, denkt stets daran,
fängt auch der Schöpfer nichts mehr an.

03.09.2015 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Küssen, küssen, küssen

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03.09.2015
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Wolf-Rüdiger Guthmann) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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