Die Mittagsstunde

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Des Nachbarn Frau, die Kunigunde,
sprach zum Mann mit vollem Munde:
So wie Ziege , Kuh und Schaf
halten wir heut Mittagsschlaf.
Und falls dich ein Lüstlein packt,
ruhen wir gleich splitternackt.

Der Mann nur den Abwasch meidet
und zum Waschen sich entkleidet.
Als die Frau ins Bad enteilt,
der Mann bereits im Bettchen weilt.
Sie naht wogend froh und munter,
lässt zitternd das Rollo herunter.

Der Nachbar hat sich eingerollt,
was er lieber nicht tun sollt.
Seine Frau packt wie ein Recke
und zieht schwungvoll seine Decke.
Wie ein Kreisel rollt der Mann
aus dem Bett zur Heizung dann.

Sie sitzt lachend auf der Kante,
der Thermostat ihn fast entmannte.
Kaum sitzt er im Bettchen wieder,
spielt das Handy Ruftonlieder.
Ein Bein entstieg dem Bett ein Stück,
doch seine Frau zog ihn zurück.

Das Handy endlich stille blieb,
Kunigunde sich die Hände rieb.
Sie wartete auf den Verlauf
und hielt bereits die Decke auf.
Der Mann kroch gerade in die Enge,
da ertönten Haustürklingel Klänge.


Hoffend auf ihr Eheglück
hielt sie ihn erneut zurück.
Die Gäste pochten auf’ s Besucherrecht,
nur die Dauerklingelei war schlecht.
Die Klingel hat hellrot geglüht,
bis sie als Funkenflug versprüht.

Kunigunde fand’s nicht nett,
doch fiel sie erwartungsvoll ins Bett.
Als sie zur Brust sich nahm den Mann,
fing der doch zu schreien an:
Hurtig, hurtig, lass uns rennen,
spür ich doch das Haus schon brennen.

Sirene drücken und tatütata
war die Feuerwehr schon da.
Schnell gelöscht die Flammenspitzen
mit den Schaum- und Wasserspritzen.
Die Versicherung ganz nebenbei
war mit Fotos schnell dabei.

Jeder musste den Namen nennen,
vor Ruß war kein Gesicht zu erkennen.
Keiner wusste wo Kunigunde ist
und ein Feuerwehrmann ward vermisst.
Ein Gerücht machte die Runde,
beide üben jetzt die Mittagsstunde.

04.03.2016 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Die Mittagsstunde

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04.03.2016
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