Dicht vorbei

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
An meiner Geburt bin ich nicht schuld,
nur die Hebamme brauchte viel Geduld.
Der Strahl den ich beim Klaps gezogen
ist ihr fast am Ohr vorbei geflogen.
Das ließ die Kreißsaal Schwestern beben:
„Dicht vorbei ist auch daneben.“

Die alte Armee wollte mich benützen,
bei Tag und Nacht als guten Schützen.
Als der Feind erschien, drückte ich ab
und verfehlte den Panzer nur knapp.
Der Hauptfeld ließ mich abends leben:
„Dicht vorbei ist auch daneben.“

Ein Autofahrer raste durch das Land,
bis sich eine scharfe Kurve fand.
Als dort dann seine Fliehkraft reifte,
er einen Straßenbaum fast streifte.
Der Kran holte ihn ins Straßenleben:
„Dicht vorbei ist auch daneben.“

Meine Freundin ist streng erzogen,
beinahe noch Jungfrau, ungelogen.
Ich klingelte, die Haustür schwang,
eifrig küsste ich im dunklen Gang.
Der Opa tat meine Hände heben:
„Dicht vorbei ist auch daneben.“

07.11.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Dicht vorbei

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12.12.2014
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