Der Druckversuch

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Lange habe ich gedichtet,
knüllend viel Papier vernichtet.
Heute wollte ich es drucken,
doch der Drucker hatte Mucken.
Es gab die Farben Blau und Rot,
doch das Gelb war einfach tot.

Blau und gelb ergeben Grün,
doch die Wiese blau erschien.
Weil der Drucker nicht so wollte,
schimpft ich, dass das R so rollte.
Meine Frau rief nur ganz nett:
„Mach den Druck lieber im Bett!“

Wenn man an der Technik mehrt,
ist Stecker ziehen nicht verkehrt.
Doch bei dieser Druckerchose
bleibt der Stecker in der Dose.
Um den Druckkopf zu erleben,
muss man den Druckerdeckel heben.

Doch schon die nächste Frage kommt,
denn zwei Patronen sieht man prompt.
Akkurat nebeneinander montiert,
eine hell, eine dunkel markiert.
Wie ein Liebespaar, eng umschlungen.
zeigen sie ihre laschen Zungen.

Nacheinander bitte beide ziehen,
um der Halterung zu entfliehen.
Und dann liegen, jungfräulich frisch,
beide endlich auf dem Tisch.
Laut Beschreibung im Internet,
sich bei jeder der Deckel hebt,

wenn man den Kleber schindet,
der Deckel und Patrone verbindet.
Es ließen sich auch Löcher bohren,
wären die Stellen dafür auserkoren.
So aber nimmt man wie der Doktor
die leere Spritze mit Kanülenrohr.

Mit Geduld und Ruhe im Raum
sticht man in den Farbglasschaum.
Wird der Kolben hoch gezogen,
ist auch die Farbe eingesogen.
Drei Milliliter sind die gute Ration
wie bei einer Ejakulation.

Mehr wäre dabei nur Angeberei
und liefe später irgendwo vorbei.

Spritze ziehen, Patrone stechen,
aber nicht die Spitze brechen.
Druck auf Kolben und zum Lohne,
ist fertig nun die erste Patrone.

So geht es für jeden Farbenfleck,
nur mit neuem Spritzbesteck.
Die schwarze Patrone, kein Jammer,
hat nur eine große Kammer.
Haben alle die Prozedur überlebt,
wird jede Patrone zugeklebt.

Da die Tinten schwämmchengebannt,
reicht das klare Klebeband.
Nun die Patronen richtig eingelegt
und jede Nase einrastend bewegt.
Deckel zu, schon hört man es regen,
weil die Druckköpfe sich bewegen.

Stecker ziehen, Drucker Taste drücken,
Stecker rein, den Testdruck beglücken.
Der Drucker tickt, die Farbe schreibt,
wo das verflixte Gelb nur bleibt.
Also das Ganze noch einmal retour,
die Patronen raus auf die gleiche Tour.

Soll es diesmal endlich klappen,
braucht man einen sauberen Lappen.
Der wird mit der Verdünnung benetzt
und jeder Druckkopf drauf gesetzt.
Was eingetrocknet in winzigen Ösen,
kann sich so mit Geduld jetzt lösen.

Dann getrocknet, wieder eingesetzt,
schon hat der Drucker losgehetzt.
Plötzlich auch die Sonne schien
und der Rasen war schön grün.
Da zog’ s mich in den Ehehafen,
doch Frauchen war schon eingeschlafen.

26.11.2013 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Der Druckversuch

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26.11.2013
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