Das Osterfeuer

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Dunkel wurde die laue Nacht,
keiner hatte sich chic gemacht.
Diesmal lohnte sich nicht der Putz,
denn gleich gab es feinen Schmutz.
Von den Alten übernommen war heuer
das jährliche traditionelle Osterfeuer.
Es soll die bösen Geister verjagen,
Liebeslicht in unsere Herzen tragen.
Die Sonne verschwand hinterm Wald
und der Platz füllte sich schon bald.
Jeder prüfte des Windes Richtung
auf der überdimensionalen Lichtung.
Keiner wollte beim Essen und Erlaben
den Rauch unter der Nase haben.
Es haben sich die Frauen, Kranken und Alten
an ihre mitgebrachten Stühle gehalten.
Die Kinder mussten sich geduldig recken
auf den Planen und Pferdedecken.
Nur die Männer, Helden der Flammen,
drängten sich um Stehtische zusammen.
Den ganzen Tag haben sie hergekarrt,
was jeder so zusammen gescharrt.
Bäume, Sträucher, Hecken, alles pur,
nur entnommen der gesunden Natur.
Autoreifen, Sofas, überhaupt nur Müll
keiner hier verbrennen will.
Als der Mond hinter den Wolken stand,
ein Tag bald in den andern fand,
rief die Feuerwehr zur Vorsicht auf,
gleich nimmt das Feuer seinen Verlauf.
Und sie liess auch stolz verkünden,
nur einer darf das Feuer zünden.
Der Name ward sogleich verraten
und kündete von seinen guten Taten.
Mal ist es ein Feuerwehrkamerad,
der beim Einsatz Besonderes tat,
mal ist es ein junger Mann,
der sich auf seine Hochzeit besann.
Dann sah man ihn im Dunkeln wühlen,
mit Papier und Feuerzeug spielen.
Eine kleine Flamme vergrößerte sich,
schoß durch das Stroh als heller Strich.
Bis zur Mitte des haushohen Haufen
sah man gespannt das Feuer laufen.
War es Qualm oder Dampf, was stieg?
Eine hohe Flamme gewann den Sieg.
Die kleinen Flammen aufwärts rannten
die dünnen Zweige sofort brannten.
Im Nu entstand so auf die Schnelle
ein glühender Strauch an dieser Stelle.
Die Glut zerfraß, der Zweig zerbrach,
das ganze rutschte sprühend nach.
Die Flamme stieg, die Hitze mit,
wir machten rückwärts einen Schritt.
Das Feuer schloss im Selbstlauf Lücken,
da hieß es nicht mehr Daumen drücken.
So schnell gab es nicht was neues hier,
drum hielt man sich an Wurst und Bier.
Zwischendurch ein kleines Fläschchen
zauberte so mancher aus dem Täschchen.
Dabei ging man von Mann zu Mann
und wünschte „Frohe Ostern!“ dann.
Das gleiche bei denen auf den Stühlen,
aber mit wesentlich stärkeren Gefühlen.
Früher sang man auch noch Lieder,
das ist nicht mehr, doch es kommt wieder.
Das Feuer brennt zwar die halbe Nacht,
doch wenn der Berg zusammen gekracht,
erhebt sich alles, packt die Sieben Sachen,
um sich auf den Heimweg zu machen.
Nur die neuesten Pärchen bleiben am Ort
und führen die Romantik des Feuers fort.
„Dort, wo die Feuer das Alte rafften,
sie aber auch Platz für Neues schafften.“

17.04.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Das Osterfeuer

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20.04.2014
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