Das Gespenst

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Sitz ich abends doch ganz still,
weil ich etwas lesen will.
Neben mir der Hund im Traum
denkt an seinen Lieblingsbaum.
Plötzlich spitzt er seine Ohren,
Geräusche sich durch‘ s Fenster bohren.

Kratzen, Schaben, schnelles rennen,
Töne, die wir sonst nicht kennen.
Eine Weile herrscht dann Ruhe,
doch schon quietscht ne alte Truhe,
Ziegel klappern, Rinnen beben,
als würde einen Sturm es geben.

Der Hund steht steif Spalier
und will aus dem Haus mit mir.
Während Töne die Sinne lähmen,
kann ich Schuh und Jacke nehmen.
Türe auf, der Hund rast los,
doch keiner da, wer war das bloß?

Jeden Abend der gleiche Zeck,
kommen wir raus, ist alles weg.
Der Hund kennt sicher diese Sache,
doch er weiß nicht meine Sprache.
Trotz Wache, Lampe und Kamera,
sah man nix, doch es war da.

Um die Lösung zu erleben,
musste es erst zwei Tote geben.
Auf unserer Straße eng umschlungen,
lag die Waschbärin mit einem Jungen.
Des Bäckers Tüte wurde ihr Sarg,
den ich einen Meter tief verbarg.

19.01.2015 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Das Gespenst

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19.01.2015
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