Wohnungssuche

Ein Gedicht von Sabine Brauer
Frau Sorge und Gottvertrauen
sind auf Wohnungssuche.
"Wetten", sagt sie zu ihrem Gegenüber,
"dass ich schneller eine Heimstatt
gefunden habe wie du?"

"Wie kann das angehen",
meint Gottvertrauen,
"wo du einziehst, da sehen die Menschen
verzagt in die Gegend,
sie seufzen viel und
jammern den ganzen lieben Tag".

"So ist es nun mal",
trumpft Frau Sorge auf.
"Mich kennen die Leute.
Ich gebe ihnen eine Bürde zu tragen
und sie sind stolz.
Sie sorgen sich Tag und
Nacht um ihre Mitmenschen.

So erhoffen sie sich
Anerkennung und Liebe.
Doch sie werden krank,
weil sie sich für alles und
jeden verantwortlich fühlen.

Sie grämen sich und
wissen keinen Ausweg.
Alles müssen sie alleine machen.
Es gibt niemanden,
der ihnen die Last abnimmt".

Gottvertrauen protestiert:
"Aber dafür bin ich doch da.
In wessen Haus ich einziehe,
da ist kein Platz mehr für dich.
Denn die Bürden, die du den Menschen auflädst,
die nehme ich von ihren Schultern.

Ich befreie sie von ihren Sorgen und Nöten.
Ich schleppe ihre Sünden
vor das Kreuz des Herrn.
Er nimmt die Schmach und Schande
der Menschen an und leidet an ihrer Stelle.

Anstatt zu klagen, fangen die Leute
an zu jubeln und singen.
Sie zeigen fröhliche Gesichter
und sind guten Muts.
Warum wollen die Menschen mich nicht
bei sich wohnen lassen?
Ich verstehe es nicht!"

"Aber das ist doch sonnenklar",
meint Frau Sorge, "sie kennen dich nicht!"

Sabine Brauer

Informationen zum Gedicht: Wohnungssuche

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19.01.2012
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