Die Höhle (Gleichnis der Angst)

Ein Gedicht von Pfauenfeder
Tief in der Nacht,
Wenn Einsamkeit die Berge
In den schwarzen Äther taucht,
Die Wolken still wie schwarze Särge
Und aus dem Bergschacht
Langsam kraucht
Im Mondlicht die Gestalt von Bären
Wie angstgeborene Schimären.

Weh' meinem Herz;
Es scheint ihm bange,
Was just aus dieser Höhle steigt.
Hätt' Lamp' und Kerz'
Ich, sag wie lange
Blieb groß noch, was sich größer zeigt?

Fast einem dumpfen Pochen ähnlich,
So klopft es an den Felsen wähn' ich.
Am Höhleneingang schwarz wie Abgrund,
Erschreckt mein Aug' sich an dem Nachtschlund.

Mit jedem Klirren
Von der Bäume Wipfel,
Mein Herz; s'ist nur der Wind!
Tönt ein Gewimmer
Von des Berges Gipfel
Wie ein zurückgelass'nes Kind.

Schimären seid ihr;
Weiter nichts!
Hör' ich mich selber schreien.
Welch Angst in mir
Schuf euer Angesicht;
Bin doch allein, nicht unter Zweien!

Nun glaubt ich einen Hirsch zu sehen;
In Deutung sein Geweih vernommen...
Kann denn kein Augenblick vergehen,
An dem ich angstfrei unbenommen
Ruhigen Geist's wahrhaftig sicher,
Einsicht in den schwarzen Trichter
Ein für alle Mal erhalte,
Einmal endlich...endlich balde?

Alsbald der Mond mit weißem Auge
All seinen Blick zur Höhle neigt;
Entschleiert er der Furcht geglaubtes
Abbild, das dem Aug' sich zeigt.

Vermocht' ein Strauch, mit seinen Zweigen
Im Bergspalt ungewiss zu spielen;
Einmal als Bär, einmal als Hirsch sich zeigend
Stets hielt ich einen für die vielen.

Sodann, es leichter ward im Herzen;
Als fiel ein schwerer Stein von ihm,
Fiel es mir wieder ein:
Bewusst zu sein gleicht Mond und Kerzen,
Ihr Licht enttarnt den Schein.
So will ich sein.
Im Licht des Seins,
Hat jede Höhle ihren Sinn.

Informationen zum Gedicht: Die Höhle (Gleichnis der Angst)

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11.03.2023
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