Sie

Ein Gedicht von Michael Jörchel
Ich hab mich lang nicht bei ihr sehen lassen,
ist eigentlich‚ ne nette Frau.
Wird sie mich dafür jetzt hassen?
Ich weiß es jetzt nicht so genau.

Tagelang war ich benommen.
Nun stehe ich vor ihrer Tür.
Ich fühlte mich schon sehr beklommen
und fragte mich: „Was willst du hier?“

Sie sah mich an, lies mich hinein
und bot mir einen Sitzplatz an.
Ich dachte, schön könnte es sein
wenn ich wieder Heim gehen kann.

Sie lies mich dort erst einmal sitzen.
Der Raum war kahl und sehr steril.
Ich war allein und kam ins schwitzen.
Das war mir alles viel zu viel.

Nach zehn Minuten, viertel Stunde,
stellte sie mir viele Fragen.
Ich saß nur da, mit offenem Munde
Und konnte doch nichts sagen.

Nach einer Weile ging sie mir
schon mächtig auf die Nerven.
Und ich wünscht ich könnt nach ihr
Irgendetwas werfen.

Sie hat sich dicht an mich gedrängt,
sah mir ins Gesicht.
Mein Speichel war mit Blut getränkt,
ich sah direkt ins Licht.

Sie stopft den Mund mit Watte aus,
dass mir die Luft weg bleibt.
Ich dachte nur: „Ich will hier raus“
Doch sie hat mich betäubt.

Die Augen tränten stark, vom Licht,
ich sah noch das Skalpell.
Ich flehte sie an: „Ich will das nicht.“
Und dann ging es sehr schnell.

Als sie mit mir fertig war,
taub war noch mein Kinn,
strich sie freundlich durch mein Haar
und sagt zu mir, war doch nicht schlimm.

Ich betastete mein Kinn,
der Unterkiefer wurde blau.
Es kam mir ganz kurz in den Sinn,
meine Zahnärztin ist eigentlich ne nette Frau.


© Michael Jörchel

Informationen zum Gedicht: Sie

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12.07.2011
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