Meine Gedanken zum (klassischen) Muttertag
Ein Gedicht von
Michael Jörchel
Oder, Muttertag, wie ich ihn, als Außenstehender, empfinde
Die Frau bekommt Geschenke,
für gewöhnlich Blumen und Konfekt.
Weil alle Frauen Blumen und Konfekt mögen.
Das Konfekt wurde speziell für diesen Tag hergestellt,
zumindest die Verpackung.
Diese Verpackung hat eine Herzform
und ist für gewöhnlich Rosa oder Rot.
Denn alle Frauen mögen Rosa und Rot.
„Für die beste Mutti zum Muttertag“
wurde dann noch draufgedruckt.
Der Vater bekommt dann
für gewöhnlich Alkohol zum „Vatertag“
denn alle Väter mögen Alkohol.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Jedenfalls freut sich Vati,
dass er an diesen Tag gedacht hat.
Es war auch Glück, dass das „Muttertagskonfekt“
direkt neben dem Bierregal, im Supermarkt,
gestanden hat.
Denn wir wissen, Vatis mögen Alkohol.
Konfekt und Blumen werden auf einem Tablett drapiert
Auf dem er ihr das Frühstück ans Bett serviert.
Er hat sogar etwas gekocht.
Vielleicht hat aber auch seine Mutter etwas „mitgeholfen“
oder seine Frau hat vorgekocht
und er hat es, ganz alleine,
aufgewärmt.
Jedenfalls, an diesem besonderen Tag,
„ist er die Mutti“ – glaubt er.
Er versucht all das zu tun, was für die Frau alltäglich ist.
Und er feiert sich dafür
Was er alles so tut an diesem Tag
und zwar nur an diesem Tag,
einem Sonntag.
Vor lauter Stolz und Selbstaufopferung
Interessiert es ihn auch nicht,
dass das, was er so „tolles“ tut,
nicht einmal ein Bruchteil dessen ist,
was seine Frau tagein, tagaus,
wie selbstverständlich,
neben Job und Kinder, erledigt.
Weil Frauen so etwas nun einmal tun.
Apropos Kinder.
Die Kinder bringen Selbstgebasteltes aus der Kita mit.
Ein Blumenkorb aus Papier
Dazu eine mit Blumensticker dekorierte Karte
(denn alle Mütter lieben Blumen – und Konfekt)
mit einem schönen Text zum Muttertag,
was so aussieht,
als hätten es die Erzieherinnen
mit viel Mühe und Talent angefertigt
aber auf keinen Fall die Kinder.
Das sieht aber wirklich gut aus.
Aber wo stellt man sich das
und all die ganzen Basteleien hin?
Besonders die, die tatsächlich
von den Kindern hergestellt wurden,
oft, bunt bemaltes,
irgendwie zusammengeklebtes Papier.
Man mag es nicht wegwerfen,
aber all die ganzen Kunstwerke aufhängen
oder hinstellen?
Dazu fehlt dann oft auch entsprechender Platz.
Und am Ende des Tages,
ist man stolz, dass man der Mutti,
an diesem einen Tag,
den Respekt gezollt hat,
der ihr eben gebührt,
dass man einmal in ihren Schuhen gelaufen ist
(im übertragenen Sinne).
An diesem einen Tag,
nur an diesem Tag,
einem Sonntag,
an dem der Kalender vorschreibt,
dass man an genau diesem Tag
sich "aufopfern" soll
um für die Mutter da zu sein.
An diesem einen Tag.
Nur an diesem Tag???
...
Auch wenn natürlich nicht alle hier erwähnten Personen so sind wie beschrieben, aber es gibt sie.
Und, Mögen alle Frauen wirklich Konfekt und Blumen in Rosa und Rot, so wie es immer in der Werbung und einschlägigen Filmen suggeriert wird?
© Michael Jörchel