Die Wunderheilung

Ein Gedicht von Heinz Säring
Nach dem Volksbuch "Till Eulenspiegel"

Nach Nürnberg kam Till, in die herrliche Stadt,
bald hängt dort an Kirchtüren groß ein Plakat.
Es ward schnell bekannt, denn er hat sich beeilt:
"Ein Arzt, welcher sämtliche Krankheiten heilt"

Der kam wie gerufen fürs große Spital.
der Meister bestellte den Arzt gern, zumal -
er hat es ihm gleich im Gespräche enthüllt -
das Krankenhaus damals war auch überfüllt.

Der Till sprach, man müsse sich etwas gedulden,
er könne schon helfen -----für 200 Gulden.
Das war zu der Zeit 'ne beträchtliche Summe,
doch Till langte hin, er war nicht grad der Dumme.

"Die 200 Gulden, erst, wenn ihr mich kennt,
vorläufig ein Vorschuss. - Na gut, 10 Prozent."
Er fragt jeden einzeln nach seinen Gebrechen
und machte ihm - ganz im Vertraun - ein Versprechen:

"Ich habe ein Mittel, von mir selbst entdeckt,
ihr werdet demnächst aus dem Schlafe geweckt,
das darfst du natürlich bestimmt nicht verpassen,
wer will, wird dann schnell durch den Ausgang gelassen.

Der Letzte muss aber die Zeche bezahlen:
er wird ganz verbrannt und zu Pulver gemahlen,
daraus mach ich dann einen Heiltrunk, ja und
die anderen werden dann alle gesund!

Das darfst du auf keinen Fall jemand verraten,
sonst stehst du sogleich in des Sensenmanns Schatten!"
Er ließ jeden schwören bei Gott und der Welt,
dass er das Geheimnis für sich nur behält.

So hat jeden Kranken er einzeln belehrt.
Der Meister der Klinik hat gar nichts gehört.
Mit dem stand er nächtens am Eingang vom Haus
und rief dort mit lautstarker Stimme dies aus:

"Wer da nicht sehr krank ist, der komme heraus!"

Der Meister erstaunte, denn alle sie kamen,
auch langzeitig Kranke, die Krüppel, die Lahmen.
Sie quälten sich raus, denn es schien ja ein Segen, -
so mancher hat 10 Jahr im Bett schon gelegen!

Der Meister bedankte sich herzlich bei Till,
und zahlt' ihm die Summe voll aus, wie ers will.
Sobald der das Geld hatte, sagte er nun,
er hätt' für paar Tage im Umland zu tun.

Man müsst' sich beeilen, es dränge die Zeit,
er schwang sich aufs Pferd, denn das stand schon bereit. . . .
Der Meister, der freut sich, er strahlte vor Glück! . . . .
Doch dann, nach 3 Tagen kam alles zurück!

Der Till hatte jedem das all so befohlen,
sie wollten sich ja ihren Heiltrunk abholen.
Sie jammerten alle und klagten im Chor,
es ging ihnen schlechter, als jemals zuvor.

Nun hört auch der Meister von jenem Verbot
und alles, womit sie der "Arzt" hat bedroht.
Der ging hier mit List und Gemeinheit zu Werke,
jetzt war er weit fort über sämtliche Berge!

Sie waren betrogen, es war halt geschehen.
Vom Geld und vom Till hat man nichts mehr gesehen.
Auch heut gibts Betrüger, die Schlimmes sich traun,
sie sind oft noch schwerer, als da zu durchschaun!

Informationen zum Gedicht: Die Wunderheilung

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11.09.2011
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