Die Ballade von Walburga Müller

Ein Gedicht von Hansjürgen Katzer
In einem nahen Karpfenteiche,
der obendrein vier Meter tief,
fand man Walburga Müllers Leiche,
im Kittel noch ein Abschiedsbrief.

Mein lieber Paul, nun will ich sterben,
ich werde jetzt ins Wasser gehen.
Mein Sparbuch soll´n die Kinder erben.
Wir werden uns nicht wiedersehen!

Ich hab genug mein holder Gatte,
von Bett und Ehe und von dir.
Was mir an dir gefallen hatte,
ist längst Geschichte, glaube mir.

Zwölf Jahre lang war ich verloren,
in deinem Bild von Frau und Mann.
Das rächt sich, hab ich mir geschworen,
als ich mir meinen Tod ersann.

Du glaubst du wärst der stolze Vater,
von Max und uns´rer Annegret.
Glaub mir, das alles war Theater,
die Wahrheit nun, wenn auch recht spät!

Der Kinder Väter waren werte Geister,
erfüllten meinen Wunsch nach Plan.
Das Mäxchen zeugte der Herr Bürgermeister
und Annegret kommt vom Kaplan.

Du siehst auch ich hab dich betrogen,
so wie du mich, so viele Mal.
Hab Leib und Seele mir verbogen,
da waren Herren ohne Zahl.

Da schaust du nun, kannst es nicht glauben,
mein lieber Paul, so ist die Welt.
Es soll dir oft den Schlaf noch rauben,
des nächtens unterm Sternenzelt.

Das Sparbuch liegt in meiner Truhe,
achttausend Mark, die sind schon drauf.
Ich hab jetzt endlich meine Ruhe
und pass gut auf die Kinder auf.

© Hansjürgen Katzer, Feburar 2003

Informationen zum Gedicht: Die Ballade von Walburga Müller

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27.10.2015
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