Wie ich doch kein 68er wurde

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Wie ich doch kein 68er wurde

©Hans Hartmut Karg
2017

Zur Zeit, als die Studenten protestierten
Und lautstark alle Welt die Zöpfe gern beschnitt,
Als die Kommunen Nacktfotos vorführten
Und man mit Rotem Buch um Marx und Engels stritt,

Da wurde ich 'ner Roten Zelle zugeteilt,
Um Flugblätter in Orten zu verteilen,
Wo noch der Mief von tausend Jahren weilt',
Um revoluzzerisch mich aufzugeilen.

Die Zellenführer waren älter, alles Kader,
Sie motivierten uns für die Aktionen.
Sie waren uns smarte Anschlagsberater:
Für Proletarier musste sich alles lohnen!

Da gab es solche, die als Kopf sich sahen
Und andere, die ständig einsatzbereit
Der Bourgeoisie sich mit Aktionen nahen
Und dabei ständig sind opferbereit.

Doch als ein Kader mit des Vaters Wagen kam
Und aus dem Großmercedes ausgestiegen,
Sich gar als Funktionär wie ein Tyrann benahm,
Auf den dann alle sollten fliegen,

Fand auch der Umsturz für mich hier sein jähes Ende,
Denn ich sah endlich, dass man nur nach Trotteln suchte,
Die täglich schmutzig machen sollten sich die Hände –
Und dies der Funktionär als seinen Sieg verbuchte.

Wer Wasser predigt, aber selbst trinkt teuren Wein,
Der will die andern übers Ohr hauend beherrschen.
Die Ideologie dazu ist nur das Mantra und der Reim,
Mit dem die Funktionäre über Dumme herrschen.

*

Informationen zum Gedicht: Wie ich doch kein 68er wurde

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08.06.2017
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