Das Verwandtschaftliche erodiert

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Das Verwandtschaftliche erodiert

Naturwüchsiges festigt kaum noch Rituale,
Symbolisch zeigen sie auf Sozialität.
Dahinter steckt meist nur das Kahle,
Das Ungewisse, auf Kante schwer genäht.

Was nach der Achsenzeit des II. Weltkrieges
Noch selbstverständlich auflebte in voller Not,
Das ist heut' angesichts des übersatten Sieges
Nichts weiter, als der vielen Egomanen Lot.

Ohne Verwandtschaftliches wäre kaum gelungen,
Was an Wirtschaftswunder schließlich auch ein Segen:
Dem Wiederaufbau wurde ein Loblied damit gesungen,
Alle wollten damals eigene Hände anlegen.

Das Trennende ist heute jedoch Maxime,
Ehegebundenheit lebt exotisch noch für sich,
Als wäre sie nichts als Schimäre, Pantomime,
Privatsplitter - seltener für Dich und mich.

Soziales wird inzwischen vom Netz okkupiert
Und virtuell meint man, man sei sich nahe.
Das Fremde, das am Bildschirm fasziniert,
Ist es uns wirklich seelenvoll auch nahe?

Früher gab es Begegnungen, Besuche,
Trotz Medien war man Nähe nicht ferner:
In Fremdem, Materiellem ging man seltener auf Suche,
Verwandtschaft war damals noch Lebensbesterner.


©Hans Hartmut Karg
2023

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Informationen zum Gedicht: Das Verwandtschaftliche erodiert

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17.09.2023
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Hans Hartmut Dr. Karg) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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