Bombentrichterkindheit

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Bombentrichterkindheit

Der II.Weltkrieg war vorbei, wen interessierte Krieg?
Für ein Kind ist die Welt immer jene Wirklichkeit,
In welche es hineingeboren wird und jetzt lebt.
Es will liebende Eltern, Geschwister und spielen.

Deshalb war das mein allererster Spielplatz draußen:
1950 gab es bei uns die beiden Bombentrichter,
Der eine war mit Grünwasser bis oben hin gefüllt,
Im anderen lagen Panzerteile, Schrott und Alteisen.

Das war noch unsere Welt, in die hineingeboren
Wir waren, ich mit Freunden dorthin laufen konnte,
Wo alles interessant war, kostenfrei und spielaffin –
Da konnte ich mit meinen Jungs tagelang Kind sein.

In den zerschossenen Lokomotiven am Bahnhof,
Nahe der Bombentrichter und bei den Schienen
Trafen wir uns zu Versteckspielen in rostenden Loks:
Das unheimliche Dunkel wurde vertraute Welt uns.

Solches fand zum Schrecken unserer Eltern statt,
Wenn wir uns aus Schrottteilen Schwerter gebaut hatten,
Eisenräder aus den Rosthaufen mit nach Hause schleppten –
Und zwei von uns beim Fangenspielen fast ertrunken wären...

Aber die kindlichen Dauerspiele mit Freude in frischer Luft,
Das Herumalbern bei den Bombentrichtern nach dem Krieg,
Die zerschossenen Lokomotiven – sie bereichterten mein Leben,
Bis man schließlich alles weggeräumt hatte, die Trichter verfüllt waren.


©Hans Hartmut Karg
2022

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Informationen zum Gedicht: Bombentrichterkindheit

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17.12.2022
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Hans Hartmut Dr. Karg) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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