Bindungsbruch

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Bindungsbruch

Einst saßen sie an demselben Tisch
Und führten ein Leben zusammen
Nach der Achsenzeit und dem großen Krieg,
Als um Neuorientierung es ging.

Eltern entfernten sich nun vom Hass,
Von feindbildorientierten Ideologien,
Bauten Haus, schufen Brunnen und Beete
Förderten durch Schulen die Kinder.

Oft ging es in Gesprächen hoch her,
Die Frage nach der Schuld lag nahe
Mit Meinungen, Statements, Protest –
Um Nachdenken, Aufwachen, Mündigkeit.

Der Junge lebt' mit den Schwestern,
Bescheiden kam Wohlstand auf:
Die Bücher brachten viel Wissen,
Emanzipation kam zur Augenhöhe.

Was hat man sich nicht alles versprochen:
Nach der Eltern Tod sich zu treffen,
Geburtstage miteinander zu feiern,
Sich gegenseitig in Gesprächen zu helfen!

Nichts von alledem wurde wahr,
Es gab weder Kontakte, noch Treffen.
Der Geistreiche braucht keine Intrige –
So driftet' die Beziehung auseinander.

Denn als nach dem Arbeitsleben
Endlich Zeit zur Begegnung gewesen
Mit nachwirkender, verwandtschaftlicher Liebe,
War von alledem nichts mehr geblieben.

Die Schwestern verweigerten sich,
Nachrichten blieben ohne Antwort
Und jetzt wirkte sich spät aus,
Dass der Sohn offenbar mehr geliebt.

So zerbrach die naturwüchsige Bindung,
Eifersucht, Neid sind die Trennungsscheren,
Die mächtig das Nacharbeitsleben
Zum Begegnungsverbot zwanghaft führen.


©Hans Hartmut Karg
2019

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Informationen zum Gedicht: Bindungsbruch

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26.01.2019
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Hans Hartmut Dr. Karg) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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