Zug verpasst

Ein Gedicht von Eva Pietsch
Mit Rauchzeichen die Abfahrtszeit verkündet
hat die Rauchschwalbe. Sie hatte ein Feuer entzündet.
Doch war vor Ankunft der Zugvogelscharen
am Bahnsteig der Zug schon abgefahren.
Dabei waren sie gar nicht geschlendert.
Der Zugfahrplan war aber leider geändert.

Dass auch ohne Zug die Reise glücke,
betete die Mönchsgrasmücke.
Der Falke beschloss, seine Stiefel zu schnüren.
Eine Wanderung würde ihn südwärts führen.
Der Weißstorch hatte vor, den weiten
Weg ebenfalls zu Fuß zu beschreiten.
Der Alpenstrandläufer ist sogar gerannt,
und zwar genau bis zum Alpenstrand.
Das Rotkehlchen ärgerte sich schwarz.
Es wollte zum Skifahren doch gern in den Harz.
Es beschwerte sich zuerst beim Veranstalter
und fuhr daraufhin einfach per Anhalter.
Der Mauersegler hat Segel gesetzt
und ist im Sturm nach Süden gefetzt.
Der Hausrotschwanz legte ein großes Stück
des Weges im Wohnwagen zurück,
So manche Vögel überquerten
die Alpen auf uralten Fährten.
Der Phönix empfahl als wahrer Kenner
wärmstens die Route über den Brenner.
Die Nachtigall ist, um nach Süden zu kommen,
über das Mittelmeer geschwommen.
Nur die Mehlschwalbe wollte im Winter bleiben,
um bei uns eine Bäckerei zu betreiben.

Man lernt hieraus nicht viel, doch wird sichtbar:
Eine Zugreise ist mitunter verzichtbar.

Informationen zum Gedicht: Zug verpasst

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07.05.2021
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Eva Pietsch) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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