Wir suchen etwas
Ein Gedicht von
Marcel Strömer
Marias der Welt,
Dornwälder, Minenfelder,
üppig bewachsen wie Gewohnheiten.
Ihr seid das Salz der Erde, sagen sie,
doch viele leben überzuckert,
klebrig vom Zuviel,
satt bis zur Leere.
Die Weihnachtsmärkte quellen über,
Zuckerwatte-Himmel, Glühweinatem,
ein Illusionsrummelplatz des Mainstreams.
Kein Platz für Herz.
Stattdessen Kaufrausch, Alkohol,
Fressstände,
die Schnellebigkeit des Vergessens.
Die Menschheit übt Kriegstauglichkeit,
während Regierungen sparen
dort, wo es bitter nötig wäre.
Es wird gerechnet, gekürzt,
bis Nähe unfinanzierbar wird.
Der Mensch verlangt nach Schlagwörtern,
leicht, transportabel,
passend für Bildschirme.
Die Medien reichen sie weiter,
beschleunigen, normieren,
alles wird Standard,
alles Wiederholung,
und wir wissen:
Es kehrt nichts zurück.
In diesen Tagen sterben viele.
Und viele sind längst gegangen,
ohne Abschied,
ohne Namen.
Sie stehen morgens auf,
gehen zur Arbeit,
sprechen Sätze,
die nichts mehr tragen.
Zeit wird gefüllt,
nicht erlebt.
Leben verwaltet.
Unter denen, die noch gehen,
suchen wir etwas,
das sich nicht organisieren lässt:
das Herz.
© Marcel Strömer
[Magdeburg, 19.12.2025]
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