Wer den Rausch sucht, findet oft nur den Abgrund

Ein Gedicht von Mario Ott
Mensch, Kumpel, siehst du scheiße aus,
musst ich mir grad gestehen,
denn ich hab mich die ganze Zeit im Spiegel angesehen.

Gerammelt hab ich den ganzen Tag,
geblieben ist mir nichts.
Probleme bleiben ungelöst
und Falten zieren mein Gesicht.

Nun fang ich an zu saufen,
rauche, was das Zeug nur hält,
und jedes Wort, das ich jetzt sag,
ist ein Fluch auf diese Welt.

Nein, ich muss jetzt etwas ändern,
und so wandelt sich mein Sinn.
Meine Augen gleiten regungslos
zu meiner Jacke hin.

Und nun greife ich in die Tasche,
hol mir ein Briefchen raus,
leg es vor mir auf den Tisch
und falte es vorsichtig auf.

Dann nehme ich mir einen Schein,
roll ihn eng und klein,
und zieh mir etwas Koks
in meine Nase rein.

Und alles, was gerade scheiße war,
ist plötzlich nichtig und klein.

Der Typ im Fernsehen sieht auf einmal anders aus,
und seine Witze find ich geil –
der kriegt von mir Applaus.

Der redet doch die ganze Zeit nur hohlen Stuss,
doch was er jetzt so von sich gibt,
ist für mich Hoch-, Hochgenuss.

Meine Hand fängt an zu zittern,
meine Kehle trocknet aus.
Die Wände kommen auf mich zu –
verdammt, ich muss hier raus.

Also nehme ich meine Jacke
und zieh sie lässig an,
doch bevor ich geh,
fang ich noch mal von vorne an.

Ja, ich greife in meine Tasche,
hol mir ein Briefchen raus,
leg es vor mir auf den Tisch
und falte es vorsichtig auf.

Dann nehm ich mir einen Schein,
roll ihn eng und klein,
und zieh mir etwas Koks
in meine Nase rein.

Und alles, was gerade scheiße war,
ist plötzlich nichtig und klein.

Ich ziehe so durch die Gegend
und hab nur eines im Sinn:
Wie komm ich jetzt am schnellsten
in die Treppe hin?

Ich will jetzt Roland Kaiser,
ich will jetzt Party pur,
ich will jetzt geile Weiber
und noch ’ne dritte Spur.

Also nehm ich mir ein Taxi –
das bringt mich schnell dahin.
Die Leute hier sind super drauf
und ich leg noch mal auf.

Ja, ich greife in meine Tasche,
hol mir ein Briefchen raus,
leg es vor mir auf den Tisch
und falte es vorsichtig auf.

Dann nehm ich mir einen Schein,
roll ihn eng und klein,
und zieh mir etwas Koks
in meine Nase rein.

Und alles, was grad scheiße war,
ist plötzlich nichtig und klein.

Nun werd ich wach – ich weiß nicht, wo,
es war wohl ein bisschen viel.
Die Frau, die hier liegt neben mir,
ist auch nicht ganz mein Stil.

Das bin ich nicht, das will ich nicht,
hab ich mir mal geschworen.
Familie, Haus und Job sind weg –
ich glaub, ich hab verloren.

Doch ein Schimmer bleibt,
der Hoffnung zeigt,
ich glaub, ich komm hier raus.

Doch damit es bisschen leichter wird,
leg ich noch einmal auf.

Ja, ich greife in meine Tasche,
hol mir ein Briefchen raus,
leg es vor mir auf den Tisch
und falte es vorsichtig auf.

Dann nehm ich mir einen Schein,
roll ihn eng und klein,
und zieh mir etwas Koks
in meine Nase rein.

Und alles, was gerade scheiße war,
ist plötzlich nichtig und klein.

Mario Ott

Informationen zum Gedicht: Wer den Rausch sucht, findet oft nur den Abgrund

7 mal gelesen
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-
17.08.2025
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