Unterm Mistelzweig
            
            
            
                Neulich war ich dort zu Besuch, 
wo als Fahne weht ein grünes Tuch. 
Da mir alles fremd und unbekannt, 
ich wartend in der Türe stand. 
Als hätte die Hausfrau mich vermisst 
nahte sie und hat mich geküsst. 
Der kleine Kuss hat zwar geschmeckt, 
doch ich war durch ihn  erschreckt. 
Die Hausfrau sah meine Stirne runzeln 
und musste dabei redend schmunzeln: 
„Mein Freund, von je her ist es Brauch 
und diesen üben wir hier auch. 
Wer sich unterm Mistelzweig zeigt, 
sehr gerne auch zum Küssen neigt.“
Und sie zeigte über meinem Haupt 
den Mistelzweig, der leicht verstaubt.  
Wer’s nicht glaubt, soll’s ausprobieren. 
die Türen mit Misteln zu verzieren. 
Wenn’s nicht klappt, ist nur dran schuld, 
eine lieblose Ungeduld.
05.12.2014  ©  Wolf-Rüdiger Guthmann            
                            
                    
                    
                        
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