Mein Liebesbrief
            
            
            
                Wegen der Sehnsucht nach der Lieben 
habe ich einen Brief geschrieben. 
Ich kam mir vor wie vom andern Stern, 
denn sowas ist nicht mehr modern. 
Ich nahm nicht einfach ein Papier 
und schrieb gewohnte Worte ihr, 
ich suchte selbst im Nachbarland 
bis ich das Richtige, Einmalige fand. 
Handgeschöpftes, feines rosa Bütten, 
nur gerissen, nicht geschnitten. 
Leicht besprüht mit meiner Marke 
Aftershave „August der Starke“. 
Ein Gänsekiel aus Jugendzeiten 
sollte das Papier beschreiten. 
Tinte stahl ich dem Computerdrucker, 
der beim Brief heute nur Gucker. 
 
Mein Gehirn lag auf der Hand, 
das Herz dabei die Seele fand. 
Und so ließ ich die Feder eilen, 
Gefühle und die Liebe teilen.  
Schöne Schrift, deutsche Sprache, 
so kam ich lyrisch stets zur Sache. 
Vier Seiten enges DIN A vier     
schrieb ich hintereinander ihr. 
Liebevoll der Brief gestaltet, 
drum wurde er auch sanft gefaltet. 
Durch Knicke oder Eselsohren 
geht manche Liebe schnell verloren. 
  
Mit eigenem Speichel zugeklebt, 
weil das die Erotik hebt. 
Und wie früher dann zum Schluss 
drückte als Siegel ich nen Kuss. 
 
Ich habe mir solche Mühe gegeben 
und was musste ich erleben? 
Die Post Frau nahm ihn, bumms und knall, 
der Stempel war ein Sonderfall. 
Der Brief flog achtlos mit zwei Fingern 
in den Korb zu andern Dingern. 
Rechnungen, Werbung, Mahnbescheide,  
nur kein Brief wie Samt und Seide. 
Vielleicht muss er die Transportzeit fristen 
in irgendwelchen alten Beuteln und Kisten.  
Und sollte eine Antwort unterbleiben, 
werde ich nur noch anrufen, nie mehr schreiben.      
09.10.2014  ©  Wolf-Rüdiger Guthmann            
                            
                    
                    
                        
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