Lebens-müde

Ein Gedicht von Anita Namer
Ich wollt` grad` ne Runde sterben.
Weißt auch du, wie das so ist?
Wenn du glaubst, du kannst nicht weiter,
stehst grad voll so drin - im Mist?

Ich wollt` grad` ne Runde sterben.
Die Schmerzen sind jetzt, hier zu viel,
die Kraft, sie ist gefühlt am Ende,
ich will einfach nur zurück - ans Ziel.

Ich wollt` grad` ne Runde sterben.
Hast du dies auch schon mal gedacht?
Wie viele wird`s wohl auch so geben?
Wie viele haben`s schon gemacht?

Ich wollt` grad` ne Runde sterben.
Wie oft hab` ich`s schon gehört?
Ich hab`s sooo oft nicht verstanden,
mich an solchem Reden, unendlich gestört.

Ich wollt` grad` ne Runde sterben,
manchmal hilft es - es zu tun…
für` n paar gefühlte Sekunden,
einfach komplett aus-zu-ruhen.

Nicht mehr wollen, nicht mehr kämpfen,
nicht mehr machen, nicht mehr tun,
nicht mehr träumen, nicht mehr wünschen,
einfach – alles ab-zu-geben…
der Himmel – er wird schon nicht ruhen.

Vielleicht laufen ein paar Tränen,
vielleicht kommt so ganz viel Schmerz,
vielleicht fühlst du dich verlassen,
tut dir furchtbar weh dein Herz.

Jetzt darf alles einfach da sein,
ist halt so – wie es grad ist…
fühle, leide, hoffe, bange,
schwach sein – schwer- für`n Optimist.

Irgendwann wirst du es spüren,
irgendwann wird es ganz still,
mitten drin, in deiner Mitte,
spricht etwas – so, was es will…

Es erzählt dir von Vertrauen,
von der Hoffnung und von Kraft.
Irgendetwas wird dich tragen,
irgendeiner „macht“.

Ich wollt` grad` ne Runde sterben,
für `nen Moment hab ich`s getan.
Weiter werd` ich´s nun vertagen,
es ist einfach noch nicht dran.

© Anita Namer /2016

Ja, es ist autobiografisch.
Ja, ich fühle mich manchmal elend.
Ja, vor allem, wenn mir alles weh tut,
wenn alles mal zu viel ist,
wenn das Leben anstrengend und herausfordernd ist.
Wem geht es nicht auch mal so?

Was denken wir, wenn wir so etwas hören, lesen?
Laufen wir davon, hören wir zu, fühlen mit?
Macht es uns Angst?
Was löst es an Gefühlen aus?

Wie schnell denken wir:
„Sowas darf man gar nicht denken?“,
„Es muss ein schwacher Mensch sein, der so denkt?“

Ich glaube, wenn wir ehrlich sind – auch zu uns selbst,
denkt, fühlt, empfindet jeder hin und wieder so.
Vor allem bei chronisch kranken Menschen, Senioren, Schmerz-Patienten,
ist dies allzu verständlich. Können wir es bei jedem Menschen verstehen?
Ist es schwach so zu denken – oder stark? Oder einfach normal?
Gehört es zum Leben – wie alle Gefühle?

Informationen zum Gedicht: Lebens-müde

74 mal gelesen
(Es hat bisher keiner das Gedicht bewertet)
-
25.05.2022
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Anita Namer) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
Anzeige