Halbgott in Weiß

Ein Gedicht von Horst Rehmann
Wenn ein Chirurg zum Messer greift,
entweicht von ihm der Alltagsfrust,
wenn er durch den OP-Saal streift,
erwacht in ihm die Schnibbellust.

Das Bauchfell schlitzt er auf, geschickt,
betrachtet den Zwölffingerdarm,
im Nu ist ein Stück abgezwickt,
dem Assistenzarzt wird´s ganz warm.

Der Chirurg lässt sich nicht stören,
vernäht die Wunde einwandfrei,
will vom Assistent nicht hören:
„Das war ´ne riesen Sauerei.“

Erst als der Kranke sich bewegt,
und weiter über Schmerzen klagt,
wird von den Schwestern klar belegt,
dass der Chirurg nicht nachgefragt.

Der Zwölffingerdarm, er war ok,
so sagt es der Befund klar aus,
dem Patienten tat der Bauch weh,
es sollte nur sein Blinddarm raus.

Informationen zum Gedicht: Halbgott in Weiß

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07.07.2011
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