Gegooglete Heimat

Ein Gedicht von Lisa Nicolis
Wild verwachs’ne Wassergräben,
schiefe Zäune, altes Haus
all das wollt ich nochmals leben,
zieh mit Google Maps hinaus.

Freue mich der blum’gen Wiesen
vom Akazienwald gesäumt,
blühender Kastanienriesen
-all das 50 Jahr’ versäumt.

Will noch sehn die wilden Rosen,
Schafgarben am Wegesrand
und der Kindheit wolkenlosen
Himmel. Nehm’ die Maus zur Hand.

So, jetzt flieg ich mausgesteuert
auf den Kindheitsboden hin,
neugierig verabenteuert,
wo ich dann gelandet bin.

Betonierte Wassergräben,
Zäune, gusseisern und kalt,
Straßen- ein Asphaltverweben,
keins der Häuser ist noch alt.

Und der Sumpf am Dorfes Rande,
gänseblumig reich umsäumt???
-Oh, ich steh verlor’n im Lande.
Das hab ich mir nie erträumt.

Meine schönen Kindestage
brechen schmerzlich weg im Nu,
Schönes, das ich in mir trage
betoniert mir Google zu.

Das Vergang’ne ist Atlantis
in der Zeiten Ozean.
Die gegoogelte Erkenntnis
fühlt sich nicht nach Heimat an.

Lisa Nicolis

In mehr als 50 Jahren kann so viel geschehen.
Die Erde ruht nicht, wird sich immer weiter drehen.

Informationen zum Gedicht: Gegooglete Heimat

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04.10.2025
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Lisa Nicolis) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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