"Fürchtet euch nicht"
Ein Gedicht von
Marcel Strömer
Nicht wie die Welt den Frieden verteilt,
flüchtig, laut, an Bedingungen gebunden,
so lege ich ihn in eure Hände.
Still.
Schwer wie Wahrheit.
Bleibend wie eine Wunde, die heilt,
ohne je vergessen zu lassen.
Eure Herzen sind müde geworden
vom Tragen zu vieler Nächte.
Angst hat sich eingenistet
in den Zwischenräumen der Gedanken,
dort, wo Hoffnung leiser wird
und Zweifel das letzte Wort sucht.
Doch fürchtet euch nicht.
Denn erinnert euch daran:
Die Finsternis hat kein eigenes Licht.
Sie lebt nur vom Schweigen der Flammen.
Darum entzünde ich ein Leuchten
in euren geplagten Seelen,
ein schwaches zuerst,
zitternd wie ein erster Atemzug,
doch stark genug,
um nicht zu erlöschen.
Wenn euch die Wege des Lebens
zu endlosen Labyrinthen werden,
wenn jede Entscheidung
ein Verlust zu sein scheint
und jeder Ausgang sich verschließt,
dann glaubt nicht, ihr wäret verloren.
Manchmal führt der Umweg
tiefer zur Wahrheit
als der gerade Pfad.
Bleibt im Geist verbunden,
ihr Brüder und Schwestern,
auch wenn euch Mauern trennen
aus Schmerz, Schuld oder Schweigen.
Ihr seid mehr als eure Einsamkeit.
Ihr seid Einheit,
geformt aus demselben Atem,
getragen von derselben Hoffnung,
auch wenn ihr sie selbst
nicht mehr zu spüren glaubt.
Hört hin.
Jenseits des Lärms der Welt,
jenseits der Stimmen der Angst,
singen die Engel aus den Höhen.
Ihr Gesang ist kein Jubel,
sondern Erinnerung.
Das Schlagen ihrer Flügel
durchschneidet die Schwere der Zeit,
und das Rauschen des Himmels
kündet davon,
dass ihr nicht vergessen seid.
Ich bin das Licht der Welt.
Nicht grell, nicht blendend,
sondern wachsam.
Ich gehe mit euch
durch jede Nacht,
durch jeden Zweifel,
durch jedes Schweigen.
Niemand kommt zum Vater
ohne durch die Liebe zu gehen,
die bleibt,
wenn alles andere zerbricht.
Amen.
© Marcel Strömer
[Magdeburg, 21.12.2025 | 4. Advent]
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