Fremdfliegen ist gefährlich
Ein Gedicht von
Lisa Nicolis
Ach, war der Klock ein Stolzer, Kühner,
er liebte seine drallen Hühner,
war bunt und hatte strahl’nde Feder
und es bestaunte ihn auch jeder.
Und hatte gute Eigenschaften.
Wenn wir ihn neugierig begafften,
da fütterte er stets mit Eifer
die Haremsfrau’n, ob jung, ob reifer.
Nur hin und wieder zu erkennen:
er schielte zu des Nachbars Hennen
und tänzelte entlang dem Zaune
mal um `ne Helle, mal `ne Braune.
Nur Oma konnte er nicht leiden.
Es ließ sich leider nicht vermeiden,
sooft sie’m Hühnerhof alleine
war, pickte er wild ihre Beine.
Die Beine war`n voll kleiner Wunden
und hat sie nicht schnell `n Stock gefunden,
dann war sie dran, schrie wie besessen,
als hätt der Hahn sie halb gefressen.
Doch eines Tags war Klock recht heiter
und dachte, heute flieg ich weiter,
als nur hinauf auf meine Leiter
und machte sich voll Freude breiter.
Er flog, es war sein letztes Fliegen,
den Zaun hinauf. Dann blieb er liegen,
den Kopf am Drahte eingefangen,
so hatte er sich auf gehangen.
Der Oma lag das schwer am Herzen,
doch heilt die Zeit ja alle Schmerzen.
Und ich bin sicher, wenn ich meine,
gleich hatte Oma schön’re Beine.
© Lisa Nicolis
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