Die Katze

Ein Gedicht von Christoph Hartlieb
Die Katze war seit Alters her
verbreitet, aber noch viel mehr
erregte und beherrschte sie
Einbildungskraft und Phantasie,
natürlich weil sie Mäuse fing, -
der Nutzeffekt war nicht gering, -
doch galt sie auch zu jeder Zeit
als typische Persönlichkeit:
Selbständig, autonom, apart,
unzähmbar wild, gleichzeitig zart.

Sie liegt so friedlich an der Mauer,
sie hockt so gierig auf der Lauer,
sie schleicht so leise durch die Gegend,
sie faucht so grell und furchterregend,
sie scheint so intellektuell,
sie hat ein weiches warmes Fell,
sie funkelt drohend mit den Augen,
sie lässt die Jungen schnurrend saugen,
sie sättigt sich mit Milch und Blut,
sie leckt sich rein, sobald sie ruht,
sie geht gern ihre eignen Wege,
sie hasst beengende Gehege,
sie sucht verspielt nach Hautkontakt,
sie kratzt, wenn sie ein Fremder packt.

Im Mittelalter sah man sie
als Teufelsspuk und Hexenvieh.
Lebendig wurde sie verbrannt,
man grub sie lebend ein im Sand,
ersäufte sie in Leinensäcken
im Glauben, Satan abzuschrecken.
Es hieß, es seien ihr gegeben
nicht eins bloss, sondern sieben Leben.

So spielt sie eine rätselvolle,
beinahe Außenseiterrolle.
Nicht Kraft, nicht Quantität, nicht Masse,
nein Eleganz und Klasse
mit spitzen Krallen, weicher Tatze,
gefürchtet und verehrt: Die Katze.
Silesio

Informationen zum Gedicht: Die Katze

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25.04.2023
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Christoph Hartlieb) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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