Die Heilige Inquisition | Am Ende der Wahrheit

Ein Gedicht von Marcel Strömer
Es klagten einst zwei kluge Geister,
als ihre letzte Stunde schlug:
„Oh verlassen sind wir großer Meister,
wir wurden Opfer von Betrug!

Wann sie Ketten um uns legten,
unter Schläge, Spott, unendlich Pein,
aufrecht, weil wir uns im Recht bewegten -
wollten so unbeugsam sein!

Doch zu spät erkannten wir die Fallen,
Geheimnis übler Hinterlist,
göttliches Recht thront über allem,
auch über dem, der rechtlos ist!

Also trugen falsche Zeugen,
Irrtum, Vorsatz uns zur Last,
um den Höchsten zu verleugnen
hatte uns ihr böser Fluch erfasst!

Als dann quälten sie mit Eisen,
Streckbank, Rad und Dunkelhaft,
keiner konnte je die Schuld beweisen,
in uns lebte Widerstand und Kraft!

Doch am Ende großer Leiden,
Tag für Tag vom Schmerz erfüllt,
konnten kaum noch unterscheiden,
ob die Brust nun Wahrheit oder Lüge stillt!

So folgten lange, schwarze Nächte,
durch Schwedentrunk und Schlafentzug,
siegten bald die dunklen Mächte
getäuscht vom auferlegten Selbstbetrug.

Da fiel jedes Recht, alle Schranken,
selbstverhasst, geschuldet jenem Schmerz,
zerstört das Ich der eigenen Gedanken,
so durchbohrt war unser treues Herz!

Da kamen sie mit Feuer,
zogen Schlinge, die sich um die Hälse schlang,
Schmerz mutiertes Ungeheuer
das uns durch Menschenhand zum Geständnis zwang!“




© Marcel Strömer
(Magdeburg, den 09.12.2015)

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Informationen zum Gedicht: Die Heilige Inquisition | Am Ende der Wahrheit

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09.12.2015
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