Die Farbe Lila -Ballade

Ein Gedicht von Sonja Dworzak
In einem Dorf, das kaum bekannt,
wo Nebel schlich durchs graue Land,
stand einst ein Haus mit lil’ner Tür –
vergessen war’s, kein Mensch ging hier.

Der Maler Malin zog dort ein,
ein Sonderling, verschroben, klein.
Er sprach mit Schatten, nie mit Licht,
und malte stets ein einzig Bild.

Die Leinwand zeigte stets dasselbe:
ein Mädchen, das im Lilafeld
mit leeren Augen Blumen pflückte,
während über ihr der Himmel zuckte.

Refrain:
Lila wie Dämmerung, lila wie Blut,
wie Sehnsucht, die niemals wirklich ruht.
Lila wie Träume, die keiner versteht –
wenn Lila erscheint, ist es längst schon zu spät.

Die Leute tuschelten am Markt:
„Er ist verflucht, der Farbenpakt!“
Ein Kind verschwand, dann zwei, dann drei –
zurück blieb nur ein Farbenschrei.

Die Eltern rannten, schrien, erflehten,
doch nur in Bildern konnt’ man’s sehen:
In Malins Haus, da hingen Werke –
von Kindern, bleich, in lilner Stärke.

Sie blickten aus dem Rahmen stumm,
und Malin lachte, kalt und krumm:
„Sie baten mich, sie festzuhalten,
jetzt bleiben sie als Bildgestalten.“

Refrain:
Lila wie Fesseln, die niemand zerreißt,
wie Schatten, wenn der Tag entgleist.
Lila wie Schuld in gealterter Haut –
wenn Lila dich holt, wird es schwarz und laut.

Eines Nachts stand das Haus in Flammen,
die Bilder brannten – doch sie kamen
als Rauchgestalten, lilafahl,
aus jedem Fenster, jedem Saal.

Malin verschwand, man fand ihn nie.
Doch jedes Kind in jener Wies,
das einen Lilaton nur malt –
gerät in Trance, wird kalt, wird alt.

Und wer bei Nebel wandern geht,
sieht manchmal, wie im Wind verweht,
ein Mädchen durch das Ackerfeld
mit Blumen aus der Zwischenwelt…´

Refrain:
Lila wie Warnung, wie ewiges Leid,
ein Flüstern aus jenseitiger Zeit.
Lila, das ruft dich, mit süßem Gesicht –
doch folgst du dem Ruf,
kehrst du zurück wieder nicht.


SDR

Informationen zum Gedicht: Die Farbe Lila -Ballade

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-
14.06.2025
Das Gedicht darf weder kopiert noch veröffentlicht werden.
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