Die alte Windmühle

Ein Gedicht von Ralph Bruse
Die alte Windmühle


Was zog uns immer hin, zur Mühle;
was hielt uns lachend spielend, hier:
in grauen Schatten und der Kühle,
wo niemand sonst mehr war - nur wir?

Maschinen: Trichter, Karren, Bänder
schwiegen rostend schon seit Jahren.
Der neue Wind schob sie an Ränder,
wo sie doch Brot für alle waren.

Vorbei, vorbei. Die alte Mühle
diente bald für immer aus.
Ein Wackeltisch stand noch. Zwei Stühle:
wir liebten unser Rumpelhaus.

So manche Nacht blieben wir dort
und gruselten uns bibbernd warm.
Vertraut war dennoch uns der Ort,
als wenn uns etwas wiegt im Arm.

Das tiefe Atmen kam auch nicht
allein aus schmalen Kinderkehlen.
Es war zu spüren, wie ein Licht
aus Stimmen, die von einst erzählen...

...Als alle langen Mühlenflügel
sich hoch, in hellstem Winde drehten
und weithin jene sanften Hügel
darunter, wie im Rausch umwehten.

*

Nun sind die Flügel meist auch still,
am Morgen, Mittags und zur Nacht.
Doch manchmal...manchmal - so Gott will,
hält jemand dort ergeben Wacht.

Die stummen Räder, Flügel, Bänder
flirren dann grell im Sonnenlicht
und hüllen sich in Goldgewänder,
als verstünden sie selber nicht.

So kühl und still der Abend kam:
er ließ hier, was die Zeit uns nahm.


(c) Ralph Bruse

Informationen zum Gedicht: Die alte Windmühle

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14.03.2023
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