Die alte Kiefer

Ein Gedicht von Rudolf Fricke
Die Nacht,
sie weht
vom Meer
herein,

umweht die
Gicht geplagte
auf nacktem
kaltem Fels.

In sternklaren Nächten
greift sie immer wieder
nach dem Funken
sprühenden Geflimmer
über ihr.

Sie beginnt
zu strecken sich
zu recken,
den Traum
zu greifen,

um schließlich
zu begreifen,
was so unendlich nah
doch unerreichbar ist.

Was bleibt,
ein Aufatmen,
ein Rauschen.
Ihre Blätter zu
kleinen Bündeln
gefasste Antennen
gebannt ins unendlich
weite Dunkel lauschen.

In ihren
knorrigen Borken
spürt sie
das Meeresrauschen.
Sie fühlt
den Wind
und ahnt
den Sturm.

Jagen Stürme
über sie hinweg,
umspülen Regenmassen
ihre gekrümmten Wurzeln,
sie hält den Druck,
widersteht dem Zerren,
Drücken, wendet sich
und zeigt dem Sturm
den Rücken.


In kurzen Atempausen
schüttelt sie sich und
dann ein Aufatmen
gefolgt von einem
kaum hörbaren Rauschen,
wenn ihre alten Zweige
angestrengt erneut
ins Ungewisse lauschen.

Im Frühling dann
keimt Hoffnung auf,
wenn die Raum füllenden,
warmen Frühlingswinde die
in ihr ruhenden Kräfte wecken,
die aus ihren Winterträumen steigen
und die Zweige grün säumen.
Ihre Glieder sich
aufs Neue aufbäumen.

Die Nacht,
sie weht
vom Meer herein,
bringt
weiten Raum
gleich mit.

Informationen zum Gedicht: Die alte Kiefer

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14.01.2014
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