Der Papierreiche

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Vor vielen, vielen Jahren, unser Nachbar war schon alt,
da kamen zu ihm gefahren, ein Notar mit Rechtsanwalt.

Sie konnten ihm nur berichten, ihr Klient war lange tot,
unglaubliche Geschichten, vom Reichtum nach der Not.

Unseres Nachbarn Vater war, das wusste er selber nicht,
im Kriege verschollen zwar, doch verstorben war er nicht.

Gefangen als Kriegsmariner, weil er die Enigma gekannt,
blieb er im Land der Sieger, vergaß sein Heimatland.

Den eignen bekannten Namen, durch die Identität ersetzt,
die sich bot von seinem Kameraden, den es total zerfetzt.

Er hatte den richtigen Riecher, kaufte Aktienpapiere bloß,
der Wert stieg an der Börse, der Gewinn war riesengroß.

Es gab auch ein Gewissen, das ihn manchmal mahnte,
Frau und Kind zu vermissen, weil keiner etwas ahnte.

Die Zeit war nicht schlecht, doch die Polit-Stimmung flau,
Zwei Deutschland kämpften echt mit Ulbrichts Mauerbau.

Ein Detektiv kam nach Jahren, übern Teich mit großem Mut,
um zu ermitteln, die Frau verstorben, dem Kind ging’ s gut,

Kind war untertrieben dann, für den leiblichen Erben
denn das war ein junger Mann, der dachte nicht an Sterben.

Der Vater lebte schlicht und karg und starb in aller Ruhe,
Fremde packten ihn in den Sarg und versenkten diese Truhe.

Da standen nun die beiden Juristen als großer Schreck
mit symbolischen Koffern für Testament und Scheck.

Der Scheck ward beglaubigt, die Bank nahm ihn an,
ein mehrfacher Millionär war jetzt der junge Mann.

Fragte ihn jemand danach, gab er nur Ausflüchte
doch nur nach und nach erstickten die Gerüchte.

Der Mann, dem Vater gleich, übertrieb es sehr arg,
obwohl er doch stinkend reich. lebte er äußerst karg.

Neulich ist er trotzdem gestorben, Gott gab ihm Ruhe
es war kaum etwas Geld da für seine letzte Truhe.

Kein Sparbuch im Haus, kein Konto bei den Banken,
sie fanden manche tote Maus, ihre Hoffnungen sanken.

Die Erben suchten in der Nacht, sie gruben dabei alles um,
haben mächtig Krach gemacht und fanden vieles dumm..

Sie räumten alles aus dem Haus und mussten viel rennen,
sie schichteten einen Berg, um ihn zu verbrennen.

Das Wohnzimmerbild zertrümmert, schon Petroleum gegossen,
um den letzten Stuhl gekümmert, dann kam der Funke geschossen.

Der Haufen brannte lichterloh, die Verwandten sahen zu,
erschöpft waren alle froh und dachten nur an Ruh.

Weil keiner aufgepasst, flogen die zündenden Funken,
Flammen haben das Haus erfasst, lachend wurde darauf getrunken.

Es war nichts wert und keiner wollt s erben,
da war es besser, es fiel in Asche und Scherben.

Die Flammen, meterhoch, erst die Tapeten holten
und dann darunter noch die geklebten Geldscheine verkohlten.


21.05.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Der Papierreiche

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03.10.2014
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