Der DDR-Musiker und ich

Ein Gedicht von Max Vödisch
Ich fahr am Abend durch die Stadt,
die Straße glänzt, ist feucht und glatt.
Ein DDR-Musiker winkt mir zu,
ich halte – und nehme ihn mit im Nu.

Wir fahren Richtung Hotel Strauß,
die Stimmung ruhig, fast wie zu Haus.
Auf einem Parkplatz, still und leer,
reden wir – das wiegt umso mehr.

Er sagt, dass es ihm hier nicht gefällt,
dass Freiheit oft nur Fassade hält.
Ich sag: „Doch vieles ist hier frei“ –
Schon erscheint die Polizei –
plötzlich, grell im Blick,
ein Blaulichtstoß, ein harter Tritt.

Ein Test auf Alkohol wird Pflicht,
doch negativ – das freut mich schlicht.
Der Ton ist grob, ich spür Gefahr,
mein Unbehagen bleibt mir nah.

„Fahr weiter“, sagt der Mann im Licht,
„in der DDR gäb’s Verwahrungspflicht.“
Der Musiker kann nichts vorweisen,
kein Ausweis, nichts zum Nachweisen.

Ein Polizist begleitet ihn
zum Hotel – korrekt, doch kühl darin.
Ich fahr nach Haus, die Nacht ist still,
doch etwas bleibt, was nicht vergehen will.

Solche Begegnungen, hart und kalt,
machten Brüderland zum Gegenhalt.
Sie schürt Misstrauen, trennt erneut –
wo Nähe war, wird nun bereut.

Die Polizei tat, was sie muss,
doch Menschlichkeit kam nicht zum Schluss.
Freiheit bleibt unvollendet –
wenn Pflicht das Mitgefühl beendet.

Informationen zum Gedicht: Der DDR-Musiker und ich

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02.10.2025
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Max Vödisch) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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