Das Waldhaus - 2.Teil

Ein Gedicht von Heinz Säring
Frei nach dem Märchen der Brüder Grimm

2. Teil


Sie hatte Talent, eine Suppe zu kochen,
für ihn wars das Feinste seit sehr vielen Wochen.
Sie gab ihm zu essen. --- Doch nun lasst euch rühren,
statt mit ihm zu essen, ging sie zu den Tieren.

Sie hatte ein tierliebes Herz für die armen,
sie streichelte sie und sie fühlte Erbarmen.
Wie schlecht wär's, ich setzte zu Tisch mich zum Essen,
und würde die hungrigen Tiere vergessen?

So ists auf dem Lande schon immer gewesen:
Nie wurde das Füttern der Tiere vergessen, -
die Pferde, die Schweine, die Kühe, die Kälber -
und erst ganz zuletzt denkt der Mensch an sich selber.

Sie streute dem Federvieh Gerste zum Picken,
so schön, wie dabei mit den Köpfen sie nicken.
Die Kuh aber kriegt einen Haufen von Heu,
es duftet, als käm von der Wiese es neu.

Dann schleppte sie auch frisches Wasser heran,
zuerst auf den Eimerrand Hühnchen und Hahn.
So machens die Vögel, die jungen und alten:
Den Schnabel voll und dann den Kopf rückwärts halten.

Die Kuh nahm danach manchen kräftigen Zug, -
dann hatten sie Futter und Tränke genug.
Erst jetzt isst das Mädchen, - man muss sie doch lieben -
das , was von der Suppe noch übriggeblieben.

Dann fragt sie die Tiere, die müd wurden eben:
"Jetzt sollten wir uns wohl zur Ruhe begeben?"
Sie sprachen: "Du hast an uns alle gedacht,
nun wünschen wir dir eine recht gute Nacht."

Sie fand diese Tiere so lieb und so nett,
besorgte die Betten, dann ging sie zu Bett.
Um Mitternacht hörte man's knacken und krachen.
Sie glaubte zu träumen, doch war es im Wachen.

Bald war's wieder ruhig, wie's vorher schon war,
nun schlief sie bis weit in den Morgen sogar.
Doch als sie erwachend die Augen aufschlug,
da war sie erstaunt und verwundert genug!

Das Waldhaus, bescheiden zu Anfang der Nacht, -
jetzt glänzt es und strahlt es in herrlicher Pracht!
Und rings um sie her war jetzt alles so groß,
ihr sehr schönes Bett stand im Schlafsaal im Schloss!

Drei Diener erschienen alsdann in Liffree,
behandelten sie, wie im Märchen die Fee.
Sie sah nach dem anderen Bette sodann,
dort lag jetzt ein schöner, ein sehr junger Mann.

Dann hat sie die ganze Geschichte erfahren:
Das Schloss und der Prinz warn verzaubert seit Jahren,
solang hielt das an , bis ein Mädchen sich findet,
die Liebe auch mit allen Tieren verbindet.

Und das war heut Nacht durch sie selber geschehn,
sie konnt jetzt den Alten als Königssohn sehn.
Die Tiere an denen sie herzlich gehandelt,
die hatten sich wieder in Diener verwandelt.

Die Eltern des Mädchens am Rande vom Wald,
erfuhren, die Tochter wird Königin bald, -
der Königssohn hat seinen Dienern befohlen,
die Eltern zur fröhlichen Hochzeit zu holen.

Die Brautleute wurden, -das ist euch wohl klar -
zum herzlich sich liebenden glücklichen Paar.
Die anderen Töchter, zur Besserung eben,
die wurden als Mägde zu Köhlern gegeben.

Bis beiden ihr Herz sich im Laufe der Zeit
von Kälte und Härte zu Tieren befreit.
Drum schützen wir Tiere! Sie stehn uns so nah, -
die Erde ist nicht für den Menschen nur da.

Informationen zum Gedicht: Das Waldhaus - 2.Teil

3.015 mal gelesen
(Eine Person hat das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 5,0 von 5 Sternen)
-
27.07.2011
Das Gedicht darf weder kopiert noch veröffentlicht werden.
Anzeige