Erdbeereis

Ein Gedicht von Xenia Rajnor
Es ist Sommer.
Sie sitzt da,unbestimmter Ort, unwichtig für das Geschehene, ganz allein, keiner , der sie stört. Sie, dieses kleine seltsame Mädchen von vielleicht zwölf Jahren, ist gern allein,nicht , wie sie gern behauptet, weil sie sich nicht nach Gesellschaft sehnen würde, sondern weil sie keinen um sich haben will, der sie nicht versteht, akzeptiert, wie sie ist.und sie kennt keinen, der das tut.
In genau diesem Moment hört sie Nirvana, sie liebt diese Stimme, sie wünscht sich Kurt Cobain würde noch leben.Ihre Mutter sorgt sich wegen ihrer fast schon obsessiven Schwärmerei für einen toten Mann, hält sie für ungesund,vielleicht hat sie recht, ist es wichtig?
Hängt ihre Sehnsucht nach dem Tod mit ihrer ersten Schwärmerei zusammen?
Ihre Mutter glaubt das, sie selbst nicht.Ihr erstes Mal, der erste Selbstmordversuch, war , als sie elf war. Est kurz danach hat sie Nirvana kennengelernt.
Sie ist noch ein Kind, ein sehr altes Kind und sie hasst Menschen.
Aber wenn sie allein ist, so wie jetzt. kann es trotzdem passieren, dasss sie glücklich ist, ein leises, kleines Glück.Diese seltenen Momente liebt sie.In diesen Momenten liebt sie das Leben.
Sie träumt davon, wie es wäre, einfach weg zu gehn. Sie weiß nicht, wohin.
Jemand setzt sich neben sie. Sie spürt es, obwohl sie die Augen geschlossen hat, ein elektrischer Schlag.
Sie schlägt die Augen auf.
Ihr gegenüber ein Junge,etwa 16 , 17, grüne verfilzte Haare, abrasierte Seiten,braune Augen, so jung, und doch schon so alt.Wie ihre, nur hat sie blaue Augen.
Er schaut ihr direkt in ihre Augen, sie starrt zurück, Pokerface, gelernt, um der Mutter keine Genugtuung zu geben wenn sie sie mal wieder verdrosch.
"Was glotzn so? Noch nien Punk gesehn?...." Sie kann nicht antworten, schüttelt nur den Kopf.Das passiert ihr oft, die Leute halten das oft für passiven Widerstand, Aufmüpfigkeit.
Er gehört nicht zu “den Leuten”, offensichtlich.
Er schaut sie nur ganz genau an, meint , plötzlich ganz sanft.." Hey Zuckerpuppe, keine Angst, ich tu dir nix, bin nurn harmloser kleiner Assi...ich heiß übriges Fabi" und grinst sie an, Lausbubengrinsen, wunderschön, ein Schneidezahn fehlt ihm,”Schlägerei”, wird er ihr später erzählen, grinsend, als wäre es sein Verdienst gewesen.
" Was hörstn da? Darf ich mal?" Sie nickt und gibt ihm den Walkman.Kaum hat sein Gehör den ersten Ton erfasst, lächelt Fabi über beide Ohren, ansteckend.
“ Ergreifend”...murmelt er... Hört nur noch zu.
Später, als das Lied zuende ist, schaut er sie wieder an, mit diesem Lausbubengesicht, und fragt :
" Hey, Kleine, willstn Eis?"
" Ja, Erdbeer..."
Er strahlt sie an: Meine Lieblingssorte...Wie heißtn?”
“Xenia”
Sie lächelt, zum ersten Mal seit Tagen.

Informationen zum Gedicht: Erdbeereis

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01.01.2017
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